Der Langlauf-Skandal erreicht eine neue Stufe. Die Norweger verlängern ihren Boykott des Weltcups. Auch an der Tour de Ski ab dem 1. Januar werden sie fehlen. Das Weltcup-Highlight schlechthin steigt also ohne die beste Nation. Schlimmer noch: Die Norweger um die Top-Stars Johannes Hösflot Kläbo und Therese Johaug werden wohl bis zur WM Ende Februar überhaupt nicht mehr im Weltcup antreten.
Lehmann: «Das killt den Langlauf-Sport»
Die Langlauf-Welt reagiert erzürnt. Der Schweizer Langlauf-Chef Christian Flury sprach in BLICK bereits von einem Armutszeugnis: «So etwas macht mich wütend!» Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann äussert in der Aargauer Zeitung seine Unzufriedenheit: «Jetzt einfach nicht zu kommen, ist keine Lösung. Dafür habe ich null Verständnis. Das killt den Langlauf-Sport.»
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Und auch Dario Cologna schiesst nun gegen die Norweger. Der Bündner teilt die Meinungen von Flury und Lehmann. «Das dient sicher nicht dem Sport, kurzfristig auszusteigen und nicht zu laufen. Für die kleinen Nationen ist es wichtig, dass die Rennen stattfinden», sagt Cologna gegenüber BLICK.
Cologna: «Alle anderen Nationen leiden»
Er stört sich am Egoismus, den die Norweger an den Tag legen. «Sie laufen dann halt einfach den Norweger-Cup am Wochenende. Das kommt bei ihnen genauso im TV, und die Sponsoren haben ihre Präsenz. Aber alle anderen Nationen leiden.»
Ein Zusammenbruch des Weltcups wäre für viele kleine Verbände eine Katastrophe. Sie sind auf die Rennen und die damit verbundene TV-Präsenz angewiesen. Doch genau das droht mit dem Verhalten der Norweger – zumal die Schweden, die Finnen und die Russen noch nachziehen könnten.
Cologna sieht Sicherheit weitgehend gewährleistet
Der Stellenwert des Weltcups sind so. Schlimmstenfalls können die Veranstalter ihre Events nicht mehr finanzieren und auch die Athleten verdienen weniger. «Alle Verantwortlichen der grossen Nationen waren mit dem bestehenden Kalender einverstanden: Norwegen, Schweden und Russland… Und genau die beschweren sich nun über den Kalender!», ärgert sich FIS-Marketing-Chef Jürg Capol im russischen «Sport-Express». «Die Veranstalter beklagen nun schon grosse Verluste! Wenn sie wegen Schneemangels absagen müssten, hätten sie dafür eine Versicherung, aber in so einer Situation tritt keine Versicherung ein.»
Es besteht ein grundsätzliches Unverständnis an der Ablehnung der Russen. Cologna schildert auch die Situation beim ersten Weltcup in Kuusamo. Man habe die Massnahmen gespürt, es waren massiv weniger Leute als üblich im Weltcup vor Ort – nicht nur die Fans fehlten. Trotzdem hätte man sich normal vorbereiten können. «Es war eigentlich ein normaler Ablauf, und ich habe mich sicher gefühlt. So sicher wie man sein kann», sagt der 34-Jährige. Im Wissen, dass es eine hundertprozentige Sicherheit nicht gebe.
Kläbo fürchtet um Karriere
Während vor allem viele schwedische Athleten eigentlich gerne antreten würden, geht bei anderen aber halt genau darum die Angst um. Kläbo etwa äussert seine Sorgen in der norwegischen Zeitung «Aftenposten»: «Ich denke, dass ich mit drei Prozent weniger Lungenkapazität nie mehr ein Langlauf-Rennen gewinnen werde.» Entsprechend resolut isoliert der 24-Jährige sich und auch seine Freundin in die Heimat.
Cologna äussert da ein gewisses Mass an Verständnis. «Man kennt ja die langfristigen Auswirkungen nicht genau», so Dario. Es leuchtet ihm darum ein, wenn junge Athleten am Anfang ihrer Karrieren vielleicht noch vorsichtiger sind und mehr Sorgen haben.