Der Sport stellt weltweit sein Programm um. Während die Corona-Pandemie wütet, sind die French Open plötzlich im Oktober und die Tour de France rollt im September. In der Formel 1 gibts bis in den Dezember rein massenhaft Doppelrennen an aufeinanderfolgenden Wochenenden, genauso wie im Biathlon. Und im Langlauf? Da ist praktisch alles beim Alten. Ein Unding, findet Dario Cologna.
«Ich bin nicht überrascht, dass der Kalender praktisch gleich aussieht wie jedes Jahr. Die FIS ist nicht fähig, da gross etwas zu ändern», ärgert sich der Bündner Langlauf-Star und verweist auf veraltete Strukturen, die gar nichts anderes zuliessen.
Irres hin und her durch Europa
Der Weltcup-Tross startet heute in Finnland in die Saison. Danach folgt ein irres hin und her durch Europa: Schweiz, Deutschland, Schweiz, Italien, Schweden, Finnland, Schweden, Tschechien, Deutschland (WM), Norwegen – und am Schluss ein Abstecher nach China.
Den Reiseaufwand erachtet Cologna als so gar nicht coronakonform. «Durch die vielen Reisen sind wir einem grösseren Risiko ausgesetzt. Es wäre wünschenswert gewesen, eine Lösung zu finden, mit der man weniger reisen muss», stellt der 34-Jährige klar. Cologna ist skeptisch, was den Saisonverlauf angeht.
«Ansteckungsrisiko wird so grösser»
Bei jeder Reise verlasse man die teaminterne Blase wieder. «Das Ansteckungsrisiko wird so natürlich grösser. Mehrere Rennen an einem Ort hätten da vieles vereinfacht.»
Sowieso werde durch die Pandemie wie in den meisten Bereichen des Lebens alles komplizierter. «Man bleibt isoliert im Team, sollte möglichst wenig Kontakt haben. Dabei weiss ich noch nicht einmal, wie es jeweils vor Ort sein wird», spricht er die unterschiedlichen Regelungen bei den Veranstaltern an.
Keine Rede von einer Bubble
Eine Blase gibt es zum Beispiel nicht. «Davon kann keine Rede sein. Man kann raus, sich frei bewegen, wie man will. Und im Hotel sind wir auch nicht abgeschottet», schildert Cologna die Situation in Kuusamo. «Wir wurden getestet, jetzt sind wir hier. Da gilt auch eine gewissen Eigenverantwortung.»
Die Kritik am stets etwas wirren Weltcup-Kalender der Langläufer ist nicht neu, es gibt sie seit Jahren. Durch Corona verschärft sich die Situation aber noch. Die Norwegerin Maiken Caspersen Falla sagte gegenüber «VG»: «Ich denke, es ist ein wenig naiv der FIS, das reguläre Programm durchführen zu wollen. Sie setzen uns Athleten und das Betreuungspersonal einem extremen Risiko aus. Wir werden durch so viele Orte und Flughäfen reisen, wo ein hohes Infektionsrisiko besteht. Das ist meine grösste Sorge.»
Cologna noch krank in der Vorbereitung
FIS-Renndirektor Pierre Mignerey sagt zur ganzen Reiserei: «Natürlich ist es sicherer zu Hause zu bleiben und nicht herumzureisen. Aber das gilt nicht nur für Athleten, sondern auch auch für die übrige Bevölkerung.» Ob der ganze Kalender aber so wie geplant durchführbar sein wird, daran hat auch der Franzose erhebliche Zweifel.
Die FIS fasste im Sommer tatsächlich ein «Blocksystem» ins Auge, wie sie auf Anfrage mitteilt. Man hat sich aber aus diversen Gründen dagegen entschieden. Unter anderem wegen dem Risiko von Absagen und aus Rücksicht auf die nationalen Veranstalter. Zu Colognas Kritik will der Weltverband nichts sagen.
Dieser hofft derweil, dass es zumindest mehr Rennen geben wird als in Lahti. Denn er erwartet einen Kaltstart, ist noch nicht in Top-Form. «Ich war noch ein bisschen krank vor zwei Wochen», verrät Dario. «Ich bin zwar wieder gesund, musste aber Testrennen auslassen. Mal schauen.»