«Es wird ein Bub», verrät Yannick Schwaller (28) mit leuchtenden Augen. Dabei lächelt er seine Frau Briar (30) an. Sie ist im sechsten Monat schwanger. «Wir haben uns noch auf keinen Babynamen einigen können. Aber wir lassen uns Zeit. Momentan setzen wir die Prioritäten ohnehin anders», sagt sie. Briar ist die Tochter von Patrick Hürlimann (60), Curling-Olympiasieger 1998 in Nagano (Japan), und der gebürtigen Kanadierin Janet Hürlimann-Omand (62), Dritte an der Curling-WM 1992 im deutschen Garmisch-Partenkirchen.
Yannick Schwaller vertritt die Schweiz innert kürzester Zeit gleich an zwei Weltmeisterschaften: In Schaffhausen (30. März bis 7. April) führt er das helvetische Männer-Team als Skip an. Zwei Wochen später reist der Solothurner mit seiner Frau an die Mixed-Doubles-WM nach Östersund in Schweden.
Kein Baby-Handicap auf dem Eis
«Auf dem Curling-Rink spüre ich ab und zu die Bewegungen des Babys», sagt Briar Schwaller-Hürlimann. Das sei ihrer sportlichen Leistung aber keineswegs abträglich. «Im Mixed Doubles wische ich nicht, so werden meine Bauchmuskeln nicht zu stark strapaziert. Daher ist schwanger sein und Curling spielen möglich.»
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An der Mixed-WM werden nur fünf statt acht Steine abgegeben. Die Aufgabenverteilung ist klar: Die Zugerin spielt den ersten und letzten Stein, ihr Gatte die Steine zwei, drei und vier. «Meine Frau ist der ruhende Pol auf dem Eis», sagt Yannick Schwaller. «Ab und zu muss sie mich etwas bremsen. Durch die Wischeinsätze ist mein Puls höher als im Vierer-Curling. Die Hemmschwelle liegt dann einfach tiefer, wenn man in einer Beziehung ist», sagt er mit einem Zwinkern. Durch seine Erfahrung als Skip im Männer-Curling übernimmt oft er die strategische Verantwortung.
Hakt Yannick Schwaller Niederlagen bereits in der Eishalle ab, tut sich Briar damit etwas schwerer. Wenn die schweizerisch-kanadische Doppelbürgerin nach Hause kommt, ist ihr Stimmungstief aber schnell überwunden – Charlie sei Dank! Der elf Monate alte Golden Retriever ist der Neuzugang in der Dreieinhalb-Zimmer-Wohnung in Recherswil SO. «Ich wollte schon immer einen Hund. Nach der Trennung vergangenes Frühjahr von meinem damaligen Team haben wir uns für den Welpen entschieden. Er ist das Positive dieser unschönen Geschichte», sagt Briar Schwaller-Hürlimann.
Mehr Worte möchte sie nicht mehr über diese für sie enttäuschend verlaufene Trennung kurz nach dem WM-Titelgewinn 2023 in Schweden verlieren. Mit dem kommenden Familienglück und der anstehenden Mixed-Doubles-WM sei die Welt ohnehin mehr als in Ordnung.
Medaillensammlung im Regal
Briars WM-Goldmedaille und ihre EM-Silbermedaille haben in der Wohnwand ebenso einen Ehrenplatz wie Yannicks Plaketten: WM-Bronze, zweimal EM-Silber und einmal EM-Bronze. Es kann daher nicht erstaunen, dass sich die beiden Sportler in einer Curling-Halle zum ersten Mal über den Weg gelaufen sind.
Mehr Curling
«Wir haben uns an der Junioren-WM 2014 in Flims kennengelernt. Gefunkt hat es dann zwei Jahre später», erzählt Yannick Schwaller. Am 15. Juli 2022 gaben sich die beiden im Schloss Rapperswil am Zürichsee das Jawort. Yannick ist ebenfalls in einer curlingbegeisterten Familie aufgewachsen. Vater Christof und Onkel Andreas Schwaller wurden 2002 in Salt Lake City (USA) Olympia-Dritte und 2001 in Lausanne WM-Zweite.
Erstmals WM-Gold als Gastgeber
Yannick und Briar trainieren an diesem Tag in der Tissot Arena in Biel. Der Teilzeit arbeitende Produktmanager bei der SIX Swiss Exchange in Zürich hat an der Weltmeisterschaft im Vierer-Curling ein klares Ziel vor Augen: An der überaus stark besetzten WM möchte er für die Schweiz eine Medaille gewinnen – wenn möglich die goldene. Das hat es bei acht Austragungen noch nie gegeben.
Yannick spielt seit zwei Jahren mit Benoît Schwarz-van Berkel, Sven Michel und Pablo Lachat zusammen. Dieses Quartett hat bisher an jeder WM und EM eine Medaille gewonnen. Folgt in Schaffhausen die Krönung? «Für WM-Gold würde ich sofort unterschreiben. Wir wollen uns aber nicht unter Druck setzen, sondern einfach unsere beste Performance zeigen», sagt Yannick Schwaller.
20 bis 25 Stunden trainiert Yannick Schwaller pro Woche. Je mindestens zehn Stunden auf dem Eis und im Kraftraum. Eine Stunde arbeitet er mit einem Mentaltrainer zusammen. Die Kosten für die aktuelle Saison belaufen sich auf 120'000 Franken. Dieses Budget wird durch die Schweizer Sporthilfe, Sponsoren und Preisgelder gedeckt.
Im Budget enthalten ist auch ein kleiner Lohn für die Teammitglieder. Ein klares Ziel verfolgt auch Briar Schwaller-Hürlimann: Bei Olympia 2026 möchte die Klassenlehrerin mit Teilpensum in Lotzwil BE mit ihrem Mann in der Disziplin Mixed Doubles eine Medaille gewinnen. Ihr grösster Fan wäre dann anderthalb Jahre alt.