Schweizer Frust nach Michel-Drama
Bob-Weltverband schmettert Sicherheitsreform ab

Trotz schwerem Unfall und breiter Unterstützung scheitert Swiss Sliding mit seinem Sicherheitsvorstoss beim Weltkongress. Die IBSF hält dank einem Buebetrickli an alten Strukturen fest.
Publiziert: 21.06.2024 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 21.06.2024 um 08:24 Uhr
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Der Bob-Weltverband führt keine neue Sicherheitskommission ein: Der Reformantrag von Swiss Sliding kommt am Weltkongress nicht durch.
Foto: keystone-sda.ch
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Matthias DubachLeiter Reporter-Pool Blick Sport

Eigentlich hätte der Schlittensport-Weltkongress im amerikanischen Lake Placid aus Schweizer Sicht eine gefreute Sache werden können, bekam doch St. Moritz den Zuschlag für 2028, die Bob- und Skeleton-WM durchzuführen.

Doch für Swiss Sliding bleibt von der Veranstaltung vor allem viel Ärger haften. Der Grund: Der Schweizer Verband beantragte am Kongress wegen des schweren Bob-Unfalls im Winter mit den lebensgefährlichen Verletzungen von Anschieber Sandro Michel (27) die Gründung einer neuen Sicherheitskommission. Denn beim Weltverband IBSF hatte der Aspekt Sicherheit trotz der rasanten Fahrten im Eiskanal bisher keine eigene Zuständigkeit.

Doch der Schweizer Reformplan wird abgeschmettert – alles bleibt beim Alten. Der schwerste Bob-Unfall im Weltcup seit Jahren führt zu keiner Änderung in den eher altertümlichen Strukturen des Weltverbands.

Weltverband zaubert Gegenvorschlag aus dem Hut

Für Swiss Sliding war Vizepräsident Daniel Mägerle in Lake Placid vor Ort. Er sagt am Telefon zu Blick: «Es ist erschütternd, dass ein Weltverband aktiv Massnahmen für die Sicherheit der Athletinnen und Athleten verhindert und sich so gegen die Mehrheit der Landesverbände stellt.»

Denn die Forderung nach einer neuen Sicherheitskommission findet eigentlich viel Zustimmung. Allerdings bekommt Swiss Sliding nicht die nötige Zweidrittelmehrheit zusammen.

Weil die IBSF ein Buebetrickli anwendet? Das Exekutivkomitee um den Italiener Ivo Ferriani stellt überraschend und ohne weitere Erklärung dem Schweizer Vorschlag einen Gegenvorschlag entgegen: Der bestehende Bahn-Ausschuss sollte einfach in «Bahn- und Sicherheitsausschuss» umbenannt werden.

Eine Stimme fehlt zur Zweidrittelmehrheit

So entfallen bei einer Enthaltung 16 Stimmen auf die Schweizer Forderung und 10 auf den Gegenvorschlag, wobei die 9 Stimmen des Exekutivkomitees grossmehrheitlich an den eigenen Querschläger-Vorstoss gegangen sein dürften. Eine Stimme fehlt so für die Zweidrittelmehrheit. Besonders bitter: Noch vor der Abstimmung reisten die Vertreter aus Schweden und Australien ab, weil der Kongress länger dauerte als geplant.

Die IBSF, die sich nach dem Horrorcrash weder bei Michel meldete, noch Verbesserungsmassnahmen für die bekanntermassen gefährliche Bahn von Altenberg anregte, belässt damit den Status quo. Doch Mägerle sagt: «Wir werden die Sache nicht ad acta legen und mit weiteren Verbänden die nächsten Schritte planen.» Immerhin: Es sind nun doch erste Massnahmen in Prüfung, damit künftig im Ziel der Bobbahnen das Zurückrutschen der gestürzten Schlitten verhindert werden kann.

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