Beim Drama um den Schweizer Anschieber Sandro Michel (27) dreht sich vieles um eine Frage: Wie kann es sein, dass der über eine halbe Tonne schwere Viererbob aus dem bergwärts führenden Zielauslauf wieder zurück in die Bahn rutscht und den bewusstlos in der Bahn liegenden Anschieber überrollt und lebensgefährlich verletzt? Mit der Charakteristik der Bahn in Altenberg habe ein solches Desaster schon lange befürchtet werden müssen, heisst es auch unter den Athleten.
Jetzt wehrt sich der Bobbahn-Boss von Altenberg. In einer Pressekonferenz am Donnerstag sagt Jens Morgenstern: «Dass Altenberg als Buhmann hingestellt wird, weise ich kategorisch zurück. Wir haben keine Fehler gemacht und nach allen Regularien und Bestimmungen gehandelt. Die Sicherheit der Athleten ist kein Altenberger Thema, sondern ein globales.»
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Ernüchternder Rechtfertigungsauftritt
Rückendeckung kriegt Morgenstern von Weltverbandsvertreter Jos Mattli. «Das Zurückrutschen gestürzter Schlitten ist explizit Bestandteil des Sicherheitskonzeptes. Bislang hat das immer reibungslos funktioniert.»
Auf Bahnen wie Whistler oder Sigulda stehen Streckenposten mit Fanghaken bereit, die den Sturzbob am Zurückrutschen hindern. Doch in Altenberg sei es deutlich steiler. «Und auch in Sigulda und Whistler gab es Stürze, bei denen der Bob mit den Haken nicht aufgehalten wurde. Nur war da keiner in der Bahn», sagt Mattli.
Die Bob-Bosse weisen alle Vorwürfe zurück. Selbstkritik? Lösungsansätze? Fehlanzeige. Lieber wird davon geredet, dass die Bobs durch die technische Entwicklung immer schneller werden – deren Reglementierung aber ja auch IBSF-Sache ist. Der Rechtfertigungsauftritt ist für viele Vertreter der Szene eine Ernüchterung.
Nun gibts plötzlich Streckenposten im Zielhang
Interessanterweise sind im Training am Donnerstag aber doch plötzlich mehrere Streckenposten mit Fanghaken im Zielauslauf positioniert. Und zudem verzichten die Organisatoren aufs tägliche Spritzen der Geraden auf der Bahn, die Schlitten sind nun rund zwei Sekunden langsamer als im verheerenden ersten Training.
Die übriggebliebenen Schweizer Teams trainieren alle mit, während Michel weiterhin in Dresden in der Klinik liegt – sein Zustand ist stabil.