Tröten blasend, Fahnen schwenkend, Glühwein trinkend strömen zahlreiche Biathlon-Fans am Samstag in Richtung Zielstadion von Lenzerheide. Den meisten sieht man sofort an, für welche Farben ihr Herz schlägt. Deutsche Fans sind überall. In starker Konkurrenz allerdings zu den noch verrückter gekleideten Franzosen. Besonders beliebt ist eine Mütze mit dem Plüsch-Hahn obendrauf, dem französischen Nationalsymbol. Andere haben sich eine Flagge um den Hals gebunden. Oder sie verfügen über eigene Fan-Artikel, wie etwa Denis Vallet, der Präsident der «Biathlon Supporters France».
Lachend präsentiert er seine Mütze, auf der er mit Pins seine bisher besuchten Stationen festhält: Albertville, Ruhpolding, Antholz, Lillehammer und viele mehr. Nun kommt mit Lenzerheide eine erste Schweizer Weltcup-Destination dazu. Im Schlepptau hat er rund 50 Mitglieder des Fanklubs. «Insgesamt sind wir aber gut 250 Personen in unserem Verein», meint Vallet stolz.
«Das ist für die Eidgenossen!»
Lenzerheide erfährt dieser Tage, was es heisst, im Biathlon einen Event höchster Stufe durchzuführen. Viele Anhänger dieser Sportart machen den Besuch zur Party – sie haben nicht nur den Ruf, enorm leidenschaftlich zu sein (beim Anfeuern und nicht selten auch am Glas), sondern auch besonders treu und fair.
Ehrensache, dass man auch andere unterstützt, findet etwa das aus Thüringen (De) angereiste Ehepaar Simone und Markus. Beide halten ein Schweizer Fähnchen in der Hand. «Das ist für die Eidgenossen!», sagt Markus und verrät: «Wir besuchen jedes Jahr einen anderen Ort – diesmal gehört die Premiere in Lenzerheide dazu.»
Ein anderer Fan aus Deutschland, wo Biathlon die Wintersportart Nummer eins ist, klärt auf dem Weg zur Arena eine Schweizer Supporterin auf. Er werde auch noch nach Oberhof und Ruhpolding, dann nach Italien, Tschechien, Norwegen, in die USA und nach Kanada reisen. Sprich: Er lasse kein einziges Weltcup- oder WM-Rennen in dieser Saison mehr aus. Die Schweizer Zuhörerin ist beeindruckt.
Unweit vom Zielstadion entfernt sitzt Ex-Spitzen-Biathletin Selina Gasparin (39) in einer Talkrunde beim Stand des Bündner Kantonalen Schwingerverbands. Auch sie ist baff. «Früher war ich alleine auf einer Wiese unterwegs – jetzt schauen hier so viele Leute beim ersten Heim-Weltcup zu», so die Olympia-Zweite von Sotschi: «Wenn ich das sehe, erwärmt es mein Herz.» Schwingerkönig Christian Stucki (38) sitzt daneben und zeigt sich beeindruckt ob der Leistungen der Top-Biathleten, auch wenn das Laufen in der Loipe nicht ganz so sein «Metier» sei, so der 1,98-Meter-Hüne schmunzelnd.
Wunschziel noch nicht erreicht
Stucki und der Schwingstand sind Teil des Rahmenprogramms, das den Event für die Fans noch attraktiver gestalten soll – alles im Hinblick auf die Biathlon-Heim-WM im Februar 2025, bei der noch mehr Zuschauer erwartet werden.
Stand Samstag erreichen die Organisatoren über alle vier Tage wohl ein Aufkommen von 25’000 Zuschauern, womit das Minimalziel klar übertroffen, die Wunschvorstellung von 30’000 aber nicht realisiert wurde.
Die grossen Schweizer Exploits sind bislang ausgeblieben. Niklas Hartweg klassiert sich in der Verfolgung – beim Sieg von Johannes Thingnes Bö (No) – als bester Schweizer auf Rang zwölf. Dahinter folgen Sebastian Stalder (24.) und Joscha Burkhalter (44.). Bei den Frauen kämpft sich Lena Häcki-Gross trotz Magenkrämpfen in der Nacht zuvor auf Rang elf. Amy Baserga (36.), Lea Meier (39.) und Aita Gasparin (40.) reihen sich weiter hinten ein.
Den Sieg krallt sich Justine Braisaz-Bouchet vor Landsfrau Julia Simon – es ist ein Traumtag für die vielen angereisten französischen Fans.