Übrigens ... – die SonntagsBlick-Kolumne
Droht der Rad-WM in Zürich eine Blamage wegen Einsprachen?

Die Rad-WM 2024 soll in Zürich stattfinden. Es hagelt aber Einsprachen. Die Kolumne von Reporter Felix Bingesser.
Publiziert: 28.05.2023 um 19:42 Uhr
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Aktualisiert: 28.05.2023 um 19:53 Uhr
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Auch im Jahr 1946 fand die Rad-WM in der Schweiz statt. Der Zürcher Hans Knecht feierte damals einen Heimsieg mit zehn Sekunden Vorsprung.
Foto: RDB
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Felix BingesserReporter Sport

Das Velo gehört zur Stadt Zürich wie das Sechseläuten, die Bahnhofstrasse, die Ganoven-Banken oder das Züri-Geschnetzelte. Bei jedem Rotlicht flitzen die Velofahrer an einem vorüber, in jeder Einbahn kommen sie einem entgegen. Die Velokuriere schlängeln sich durch die Kolonnen wie die deutschen Winterurlauber durch die Menschenmenge beim Skilift.

Gefühlt ist die Velodichte im rot-grünen Zürich grösser als in China. Zürich hat einen Fuss- und Velokoordinator angestellt. Mehr als 70 Prozent der Haushalte in der Stadt haben ein Velo. Es gibt 813 Kilometer Velowege in der Stadt und 45'186 Veloparkplätze. In der Velostrategie 2030 ist festgehalten, dass man die Zukunft auf zwei Rädern sieht.

Legendäre Züri-Metzgete

Früher gab es auch die legendäre Züri-Metzgete, ein Strassenrennen mit klingenden Namen. Es gibt die offene Rennbahn in Oerlikon, die früher für die Gümmeler an lauen Sommerabenden der grosse Treffpunkt war. Es gab das Sechstagerennen im Hallenstadion mit Sport, aber auch mit durchzechten Nächten und schummrigen Bars. Der Kreis Chaib hat sich dann nach der Sperrstunde jeweils im Hallenstadion wieder versammelt.

Und es gab bisher auch drei Rad-Weltmeisterschaften in Zürich. 1923, 1929 und 1946 mit dem Sieg des Einheimischen Hans Knecht. Bei Weltmeisterschaften in der Schweiz haben schon ganz grosse Namen Spuren hinterlassen. In Mendrisio (2009) wurde Cadel Evans Weltmeister. In Lugano (1996) Johann Museeuw, in Altenrhein (1983) Greg LeMond, in Mendrisio (1971) Eddy Merckx, in Bern (1961) Rik Van Looy und in Lugano (1953) Fausto Coppi.

«Ein Velo-Fest für alle»

Die Schweiz ist ein Veloland, Zürich eine Velostadt. Jetzt soll die Rad-WM 2024 mit dem Ziel Sechseläutenplatz wieder in Zürich stattfinden. Der Kanton meldet: «Ein Velo-Fest für alle, mit einem über den Anlass hinaus bleibendem Vermächtnis in den Bereichen Sport- und Veloförderung sowie Inklusion.»

Aber die Sache mit sportlichen Grossanlässen in unserem Land ist, wie wir auch aus diversen Olympiakandidaturen wissen, verzwickt. Es hagelt auch gegen die Rad-WM Einsprachen. 70 (!) Rekurse sind eingegangen. Dass die Zufahrten für die Spitäler gewährleistet sein müssen, ist klar. Da sollte es, wenn alle kompromissbereit sind, Lösungen geben.

Ein Armutszeugnis für die Schweiz

Und der Rest der Rekurse? Da ist es, wie meistens. Sportförderung ja, aber persönliche Einschränkungen nein. Es wäre jedenfalls ein Armutszeugnis für die Schweiz, wenn man aufgrund der angedrohten Prozesslawine auch diesen Grossanlass noch kurzfristig abtreten müsste. Jedes Velo meistert die Klippen und findet den Weg durch die Stadt. Da sollte es doch auch einen Weg für diese Rad-WM geben.

Wenn nicht, dann wäre das nicht nur ein Rückschlag für den Schweizer Sport. Sondern vor allem eine Blamage für die Velostadt Zürich. Ein Plattfuss auf zwei Rädern.

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