Im Königreich Siam waren weisse Elefanten heilig. Der König verschenkte hin und wieder einen dieser «Albino-Elefanten» an einen in Ungnade gefallenen Widersacher. Der musste das Tier dann jahrelang durchfüttern, durfte es aber nicht zur Arbeit einsetzen. Der gefrässige Dickhäuter konnte den Mann in den Ruin treiben.
Darum werden mit dem Begriff «Weisse Elefanten» auch Sportstadien bezeichnet, die nach Grossveranstaltungen nur noch Geld fressen, aber keinen Nutzen mehr bringen. Es gibt einige davon auf dieser Welt. Acht stehen jetzt auch in Katar.
Dort, wo gerade die teuerste WM aller Zeiten mit einem phänomenalen Jahrhundertfinal zu Ende gegangen ist. 220 Milliarden Dollar kostet das teuerste Fussball-Spektakel aller Zeiten. Die zweitteuerste WM fand 2014 in Brasilien statt. Die hat 15 Milliarden gekostet.
Gerade weil wir das Fest der Liebe und der Nächstenliebe feiern: 220 Milliarden Dollar ist in etwa die Summe, die es brauchen würde, damit ein Jahr lang kein Mensch auf der Welt Hunger leiden müsste. Allein in Afrika sind im Jahr 2022 vier Millionen Kinder vom Hungertod bedroht.
Nun, der Hype um Lionel Messi hat Dimensionen angenommen, dass man wohl bald auch die Weihnachtsgeschichte umschreiben muss. Der Erlöser wird nicht in einem Stall geboren, sondern in einem goldenen Stadion. Er wird nicht in Tücher gehüllt und in eine Krippe gelegt, sondern er wird in einen schwarzen Umhang gewickelt und zum Pokal gezerrt.
Und nebenan tanzt ein dämlicher türkischer Goldsteak-Koch und salzt den WM-Pokal. Die Bewilligung, sich auf dem Spielfeld zu tummeln, hat der Clown übrigens von seinem Kumpel Gianni Infantino erhalten. Sie sind Brüder im Geiste.
Ist Messi jetzt der Grösste aller Zeiten? Nein. Es ist Diego Armando Maradona. Beide haben einst den FC Barcelona verlassen. Maradona hatte finanziell lukrativere Angebote. Aber er ging nach Neapel. In den Süden Italiens. In eine gebeutelte, arme Arbeiterstadt. Es war für ihn auch eine Mission, ein politisches Statement. Es wurde die schönste Liebesgeschichte des Fussballs.
Messi folgte dem Ruf des Geldes. Er ging nach Paris. Zu denen mit dem Mäntelchen.
Lionel Messi ist der Weltfussballer des Jahres. Er hat seine grandiose Karriere gekrönt. Die Fussball-Persönlichkeit des Jahres heisst aber Marcel Franke. Der Profi des Karlsruher SC verpasst im Oktober das Spitzenspiel gegen Darmstadt. Er liegt im Spital.
Sechs Jahre zuvor hat er sich im Kampf gegen Blutkrebs als Spender für Stammzellen eintragen lassen. Dann kommt der Anruf. Franke reduziert das Training, bittet den Klub um eine Pause. Er bekommt einen Wachstumsfaktor gespritzt, damit die Stammzellen vom Knochenmark besser ins Blut transportiert werden können. Und dann folgt die Blutentnahme. Drei Stunden dauert das Prozedere. «Das ist keine grosse Sache, das kann jeder machen», sagt er später.
Wem er das Leben gerettet hat, weiss der 29-Jährige nicht. Aber irgendwo feiert jemand Weihnachten, die er ohne Franke nicht gefeiert hätte.