«Mein Ziel ist das Sprungfinal»
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Steingruber über Tokio-Chancen:«Mein Ziel ist das Sprungfinal»

Steingruber verlor ihre Schwester (†26)
«Desirée fehlt mir jeden Tag»

Zwischen Rio und Tokio liegen fünf Jahre. Die bewegtesten Jahre für Kunsturnerin Giulia Steingruber (27).
Publiziert: 23.07.2021 um 17:07 Uhr
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Aktualisiert: 24.07.2021 um 21:36 Uhr
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Giulia Steingruber (27) trainiert in Tokio für ihre Wettkämpfe, die am Sonntag starten.
Foto: freshfocus
Cécile Klotzbach

Mit der Qualifikation startet Giulia Steingruber am Sonntag in Tokio in ihre dritten Olympischen Spiele. Ziemlich sicher werden es ihre letzten sein. Wie gern würde die 27-jährige Gossauerin noch einmal eine ganz spezielle Geschichte schreiben!

2016 bei Olympia in Rio ist ihr das gelungen. Mit ihren bewährten Sprüngen – Tschussowitina und Jurtschenko mit Doppelschraube, die sie heuer wieder zeigen wird – holte sie in ihrer Paradedisziplin Bronze. Ein Höhepunkt für die damalige Fahnenträgerin, der umso mehr in Erinnerung bleibt, weil sie sich noch in Rio am Fuss verletzte. Und danach wie auf einem Rollercoaster durchgeschüttelt, in den freien Fall geschickt, durchs tiefe Tal der Tränen geführt und zwischendurch wieder hoch katapultiert wurde.

Ermüdende Jahre

Ein ständiges Auf und Ab durch Verletzungen und private Schicksalsschläge, stimmt Giulia zu. «Erst musste ich Knochensplitter am Fuss operieren. Dann starb meine Schwester. Ein Jahr später erlitt ich den Kreuzbandriss am Knie. Danach kam die Pandemie – und bei meinem Comeback an der Heim-EM in Basel zog ich mir den Muskelfaserriss im Oberschenkel zu», erklärt sie vor wenigen Wochen Blick. Die Zeit bis Tokio rannte ihr davon, das geplante Upgrade ihrer Sprünge blieb aus.

An Optimismus hat die strahlende Giulia nichts eingebüsst. Und doch will sie nichts schönreden: «Es ist recht ermüdend. Sich von jedem Rückschlag wieder zurückzukämpfen, wird immer strenger. Und mein für den Sport relativ fortgeschrittenes Alter hilft nicht. Ich suche keine Entschuldigungen, aber es war nicht einfach, das darf ich schon sagen.»

Und ob sie das darf! Der tragische Lungen-Tod ihrer Schwester Desirée (†26), die von Geburt an körperlich und geistig behindert war, krempelte im Februar 2017 Steingrubers Leben um. «Es ist immer noch schwer zu ertragen. Sie fehlt jeden Tag, und an einzelnen habe ich wirklich noch immer Mühe.»

Energie und Kraft durch verstorbene Schwester

Trost findet Giulia im Gedanken, dass es Desirée jetzt gut geht. «Für mich das Allerwichtigste und es gibt mir ein gutes Gefühl.» Sie habe immer auch für ihre Schwester geturnt. «Wir lebten in zwei Welten. Sie war in allem auf Hilfe angewiesen – ich betrieb stets aktiv Leistungssport. Ich weiss, dass sie bei Wettkämpfen irgendwie bei mir ist, das gibt mir Energie und Kraft.»

Relativiert dieser familiäre Schock Trainingsrückstand oder Karriereziele? «Ich kann Privates und Turnen sehr gut voneinander trennen», so Giulia. Es gebe spezielle Momente, in denen sie sich mit Schwierigkeiten auseinandersetze. «Aber ich bin nicht der Typ, der sich durchgehend damit befasst. Für mich ist es wichtig, Rhythmus und Fokus zu behalten – sonst wäre auch die Verletzungsgefahr viel zu gross.»

Und nebenbei brachten die letzten Jahre ja gute Dinge: wie Giulias neue Liebe... Lachend lässt sie sich dazu nur einen Satz entlocken: «Es gab auf jeden Fall auch Positives, sportlich und privat. Aber mein Privatleben bleibt privat.»

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Alle Schweizer Olympiasieger an Sommerspielen: Belinda Bencic, Tennis-Einzel in Tokio.
Foto: freshfocus
Olympische Sommerspiele in Tokio

Die 32. Olympischen Sommerspiele finden vom 23. Juli bis 8. August 2021 in der japanischen Hauptstadt Tokio statt. Alle Infos zur Eröffnung, Übertragung, Wettkampfterminen, Disziplinen, Neuerungen, Austragungsstätten und Maskottchen erfahren Sie in der grossen Übersicht.

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