Sieben Medaillen oder mehr soll es für die Schweiz bei den Olympischen Sommerspielen von Tokio geben. Mindestens so viele wie vor fünf Jahren in Rio also. Wenn es mehr sind? Immer her damit!
Wie viele davon werden aber aus Gold sein? Sicher ist: Es ist höchste Zeit, dass die Schweizer Frauen endlich richtig zuschlagen. Erst vier Schweizerinnen haben nämlich in der Geschichte der Sommerspiele überhaupt eine Goldmedaille gewonnen: Nicola Spirig (Triathlon, 2012), Brigitte McMahon (Triathlon, 2000), Christine Stückelberger (Dressurreiten, 1976) und Hélène de Pourtalès (1900, Segeln). Die gute Nachricht: An Gold-Kandidatinnen mangelt es in der 115-köpfigen Schweizer Delegation nicht. Blick stellt die aussichtsreichsten vor:
Nicola Spirig (39), Triathlon
Wenn es in Tokio eine Schweizer Gold-Favoritin gibt, dann ist es Nicola Spirig. Die Olympiasiegerin von 2012 wurde dieses Jahr bereits Europameisterin über die Mitteldistanz. Beim letzten Test über die olympische Distanz in Österreich liess sie die Konkurrenz stehen und nahm ihren Gegnerinnen mindestens sechs Minuten ab. Sie hat beste Chancen, nach Gold 2012 und Silber 2016 von ihren fünften Spielen zum dritten Mal mit Edelmetall nach Hause zu kommen.
Marlen Reusser (29), Rad, Zeitfahren
Nach WM-Silber im letzten Jahr ist der Fall klar: Reusser darf sich auch fürs Olympia-Einzelzeitfahren Medaillenchancen ausrechnen. Die Ärztin, als Jugendliche eine talentierte Violinistin und später bei den Jungen Grünen politisch aktiv, dürfte mit einem guten Gefühl ins Rennen gehen: In ihrem letzten Zeitfahren beim Giro d’Italia der Frauen fuhr sie Anfang Juli als Dritte aufs Podest.
Nikita Ducarroz (24), BMX, Freestyle
In Nizza geboren und in Kalifornien aufgewachsen, startet die Tochter eines Schweizers und einer Amerikanerin mit ausgezeichneten Medaillenchancen. Im Juni gewann sie in Montpellier hinter der dreifachen Weltmeisterin Hannah Roberts (USA) WM-Silber. Gutes Omen: 2020 gewann sie in Tokio bereits die BMX Simple Session.
Jeannine Gmelin (31), Rudern
2017 Weltmeisterin, 2018 Europameisterin, dazu einmal WM-Silber, zweimal EM-Silber und in diesem Jahr EM-Bronze: Mit Medaillen kennt sich Jeannine Gmelin aus. Die Ruderin mag in den letzten Monaten nicht mehr ganz so unwiderstehlich unterwegs gewesen sein wie in den Vorjahren – dass sie das Zeug hat, im Skiff ganz vorne reinzurudern, hat sie längst bewiesen. Bei allen Medaillen, die Gmelin schon gewonnen hat: Eine von Olympischen Spielen fehlt ihr noch.
Joana Heidrich/Anouk Vergé-Dépré (beide 29), Beachvolleyball
Im vergangenen Herbst machten sich die beiden in Lettland zu Europameisterinnen. Jetzt haben sie in der Hitze von Tokio die Gelegenheit, noch einen draufzusetzen. Die Nummer 5 der Weltrangliste trifft schon in der Gruppenphase auf starke Gegner, was im weiteren Turnierverlauf durchaus ein Vorteil sein könnte.
Jolanda Neff (28), Mountainbike
Es gibt ein paar Fragezeichen hinter der Weltmeisterin von 2017. Nachdem sie sich nach einem folgenschweren Trainingssturz (Milzriss) zurückgekämpft hatte, war Neff auf gutem Weg, wieder in Schwung zu kommen. Doch dann brach sie sich vor einem Monat beim Weltcup in Leogang (Ö) bei einem Sturz die Hand. Die gute Nachricht: Mit verletzter Hand fuhr sie noch auf Platz 4. Die schlechte: Die Vorbereitung der dreifachen Weltcup-Gesamtsiegerin war dadurch sicher nicht optimal. Was hoffen lässt: dass ihr die anspruchsvolle Strecke ausgezeichnet liegt. Den Test-Event 2019 gewann sie.
Giulia Steingruber (27), Kunstturnen
Eigentlich hat die fünffache Europameisterin mehr erreicht, als sie sich je erträumt hatte. Zuletzt glänzte sie im April an der Heim-EM in Basel und gewann trotz lädiertem Oberschenkel Gold. Die Verletzung ist seither nicht verheilt – aber allen Schmerzen zum Trotz hat sie einen unsichtbaren Trumpf: den eisernen Willen! Dank ihrer mentalen Stärke besteht für die Bronzegewinnerin von Rio 2016 eine echte Chance, wieder nach Edelmetall zu greifen. Oder reicht es sogar für mehr?
Elena Quirici (27), Karate
Die Olympia-Premiere der Sportart Karate ist gleichzeitig auch die Derniere. Elena Quirici hat also nur eine Chance – und die wird sie nutzen. Denn diese Frau haut nichts und niemand um. Die zweifache Europameisterin war sportlich gesehen die grosse Verliererin der Pandemie, weil sie sich wegen Verschiebung der Spiele noch einmal qualifizieren musste. Sie schaffte das vor fünf Wochen auf den letzten Drücker in Paris. Ausgerechnet dort, wo 2024 die nächste Spiele stattfinden, aber laut IOC-Beschluss ohne Karate.
Belinda Bencic (24), Tennis
Seit zwei Jahren steht die vierfache WTA-Turniersiegerin konstant in den Top 15 der Welt. Was ihr nach fast sieben Jahren und vielen Verletzungen auf der Tour noch fehlt: ein richtig grosser Titel. Als Juniorin gewann sie Wimbledon und die French Open. Als Profi konnte sie an Grand Slams noch nicht reüssieren. Vielleicht macht sie es ja wie einst Marc Rosset beim Olympiasieg 1992 in Barcelona. Oder wie Roger Federer und Stan Wawrinka 2008 in Peking mit Gold im Doppel. Übersteht sie mit der eng vertrauten Viktorija Golubic die Startrunde gegen das japanische Spitzenduo Aoyama/Shibahara ist plötzlich alles möglich.
Nina Christen (27), Schiessen
Im Dreilstellungsmatch ist die Europameisterin aus Wolfenschiessen die Nummer 3 der Welt. In Rio vor fünf Jahren gab es bereits ein Diplom. Jetzt könnte für Christen die Zeit reif sein für den absoluten Volltreffer.
Die 32. Olympischen Sommerspiele finden vom 23. Juli bis 8. August 2021 in der japanischen Hauptstadt Tokio statt. Alle Infos zur Eröffnung, Übertragung, Wettkampfterminen, Disziplinen, Neuerungen, Austragungsstätten und Maskottchen erfahren Sie in der grossen Übersicht.
Die 32. Olympischen Sommerspiele finden vom 23. Juli bis 8. August 2021 in der japanischen Hauptstadt Tokio statt. Alle Infos zur Eröffnung, Übertragung, Wettkampfterminen, Disziplinen, Neuerungen, Austragungsstätten und Maskottchen erfahren Sie in der grossen Übersicht.