Die Turnwelt reibt sich verdutzt die Augen. Superstar Simone Biles (24) verschiebt die Grenzen ihrer Sportart einmal mehr, zeigt bei den US Classics in Indianapolis am letzten Wochenende beim Sprung einen Jurtschenko mit Doppelsalto. Ein Kunststück, das vor ihr noch keine Frau gezeigt hat.
Der Grund ist einfach: Der Sprung gilt nämlich als extrem riskant. Auch unsere Über-Turnerin Giulia Steingruber hat keine Lust, sich bei dem Manöver zu verletzen. «Der Sprung ist meiner Meinung nach sehr gefährlich. Man muss absolut fit sein und wirklich ein gutes Gespür für die Rotationen haben», sagt die 27-Jährige.
Es sei kein Zufall, dass sich bis jetzt nur Männer an den Sprung gewagt haben. Denn man dürfe nicht vergessen, «dass der Sprungtisch bei den Männern 10 Zentimeter höher gestellt ist.»
Weniger Höhe bedeuten für die Frauen weniger Platz und Zeit für die Rotation. Fast ein Ding der Unmöglichkeit also. Ausser für Biles. «Es ist aber absolut klar, wenn jemand diesen Sprung schafft, dann ist dies Simone Biles», sagt Steingruber anerkennend.
Steingruber hat den Sprung auch schon probiert
Sie muss es wissen. Die St. Gallerin ist vierfache Europameisterin am Sprung, holte zuletzt den Titel im April. Sie ist Olympia- und WM-Dritte. Und: Sie hat das waghalsige Manöver selber schon probiert.
«Ich habe den Sprung in gehockter Form schon versucht. Dies aber nur in die Schnitzelgrube. Das Timing ist extrem wichtig», sagt Steingruber. Sie winkt ab. «Ich werde ihn nicht an den Olympischen Spiele zeigen, da es für mich mit einem zu grossem Risiko verbunden ist.» Insbesondere die Gelenke sind dabei gefährdet, wenn man zu früh landet.
Unter Druck setzen lassen will sich Steingruber wegen der gigantischen Biles-Show aber nicht. Sie weiss: Wenn die 4-fache Olympiasiegerin und 19-fache Weltmeisterin abliefert, schwebt sie sowieso in eigenen Sphären. «Simone Biles ist eine Ausnahmeathletin. Sie ist und bleibt die beste Turnerin überhaupt», sagt Steingruber.
Olympia-Repertoire bleibt geheim
Doch sie machte selber nie einen Hehl daraus, selber mit neuen Sprüngen im Repertoire aufzuwarten. Der Tschussowitina mit einer zusätzlichen halben Schraube stand etwa zur Disposition. Doch allzu sehr will sich Steingruber noch nicht in die Karten schauen lassen. «Ich werde nicht verraten, was ich genau zeigen werde, wir haben noch gut zwei Monate Zeit um uns zu verbessern.»