Darum gehts
- Skandal im italienischen Turnverband: Missbrauch und Misshandlung in Rhythmischer Sportgymnastik
- Athletinnen mussten sich ausziehen und wurden in kalte Räume gesperrt
- Trainerin Emanuela Maccarani wurde entlassen – Staatsanwaltschaft ermittelt
Ein Skandal erschüttert den italienischen Turnverband. Es geht um Missbrauch, Misshandlung und psychische Belästigung in der Rhythmischen Sportgymnastik. Vor wenigen Tagen wurde Cheftrainerin Emanuela Maccarani (58) gefeuert. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Nun enthüllt die italienische «Gazzetta dello Sport» neue schockierende Details. In den Prozessakten gegen Maccarani gibt es Abhörprotokolle, die unter anderem Ex-Nationaltrainerin Julieta Cantaluppi (40) belasten.
In einem kalten Raum eingesperrt
Für besonders viel Entsetzen sorgt ein dokumentiertes Telefonat vom November 2022. Die ehemalige Stellvertreterin von Maccarani soll zur technischen Leiterin der Gymnastikabteilung gesagt haben: «Bei ihr (Cantaluppi; Anm. d. Red.) ist alles viel schlimmer. Bei ihr gibt es Misshandlungen. Als sie Raffaeli und Serena Ottaviani dazu brachte, den Reifen zu werfen, mussten sie bei jedem Fehler ein Kleidungsstück ausziehen. Am Ende waren sie nur noch in Unterwäsche.»
Im Laufe des Gesprächs kommen weitere erschreckende Dinge ans Licht. «Cantaluppi sperrte die Turnerinnen in einen kleinen, kalten Raum. Ohne Handys, ohne alles, weil sie schlecht trainiert hatten. Sie bestrafte sie, sie mussten auf dem Boden sitzen.»
Erste Anschuldigungen wurden bereits 2022 publik
Ähnliches erlebte Sofia Raffaeli (21), die an den Olympischen Spielen in Paris 2024 Bronze gewann. Gemäss der «Gazzetta» musste sie vor einer Trainerin niederknien und sie anflehen, ihre Entschuldigung für einen Fehler bei einer Übung anzunehmen. Die Vorfälle sollen auch Mädchen im Alter von 14 bis 16 Jahren betroffen haben.
Anders als gegen Maccarani wurde gegen Cantaluppi bisher keine offizielle Beschwerde eingereicht. Erste Anschuldigungen über Fehlverhalten im italienischen Turnverband wurden 2022 publik. In einem Buch schilderte die frühere Athletin Nina Corradini (21) wie die Trainerin Sportlerinnen zu extremen Fastenkuren gedrängt und sie mehrfach verspottet haben soll.
Missbräuchliches Verhalten von Turntrainern und Turntrainerinnen hat in der Vergangenheit immer wieder für Entsetzen gesorgt. In Deutschland klagen Athletinnen aktuell über «körperlichen und seelischen Missbrauch» an den Stützpunkten in Stuttgart und Mannheim. Hierzulande sorgten die «Magglingen Protokolle» für Aufsehen. Athletinnen packten über den Missbrauch am nationalen Sportzentrum aus.