Das Vögelchen flattert wieder. Und wie! Daniela Ryf, auch «Angry Bird» (wütendes Vögelchen) gerufen, will in Hawaii ihren sechsten WM-Sieg einfahren. Die Vorzeichen stimmen, ihre Trainings waren stark – Ryf schien beinahe zu fliegen. «Ich fühle mich in allen drei Disziplinen stark und will ein cooles Rennen zeigen», sagt sie. Sollte Ryf die Ziellinie in Kona als Erste überqueren, würde sie die Schweizer Bestmarke von Natascha Badmann (55) egalisieren – die Baslerin gewann zwischen 1998 und 2005 sechs WM-Titel.
Bereits seit vier Wochen ist Ryf auf Hawaii. «Es lief alles gut, ich habe mich an die Wärme und Luftfeuchtigkeit gewöhnt. Das Herz und die Lunge sind parat», sagt sie. Und der Kopf? «Ich hatte zweieinhalb schwierige Jahre», gibt Ryf zu. Dann kam die nachgeholte WM im vergangenen Mai, wo Ryf souverän siegte – für einmal nicht auf Hawaii, sondern in St. George (USA). «Das war eine Genugtuung und ein riesiger Motivationsschub. Gleichzeitig wurde mir bewusst, dass ich alles mehr geniessen sollte. Ich gehe zum Beispiel heute mehr auswärts essen, das tut mir gut. Und in den Trainings und Wettkämpfen will ich rausgehen und Spass haben.»
«Weiss, wie brutal es sein kann»
Eine Garantie für den Erfolg ist das nicht – auf den 3,86 km im Wasser, 180,2 km auf dem Velo und im abschliessenden Marathon (42,195 km) kann alles passieren. Dessen ist sich Ryf bewusst. «Der Respekt ist gross. Es ist warm, windig und feucht. Ich weiss genau, wie brutal dieses Rennen sein kann.» Wir erinnern uns: 2018 wurde Ryf kurz nach dem Start von einer Qualle gebissen – dennoch gewann sie mit Streckenrekord von 8:26:18 Stunden. Gleiches war 2019 nicht mehr möglich, nach einer Magenverstimmung kurz vor dem Wettkampf landete Ryf nur auf dem 13. Rang – eine herbe Niederlage.
Sicher ist: Ryf ist bereit für die Mission Titelverteidigung. Was wäre, sollte sie gelingen? Damit befasst sich Ryf nicht. Fakt ist allerdings: Nur Paula Newby-Fraser (60, USA) holte bislang mehr WM-Titel als Badmann und Ryf – die «Queen of Kona» (Königin von Kona) gewann zwischen 1986 und 1998 acht Mal. Eine unerreichbar scheinende Marke – oder doch nicht?