«Um den Eisprung rum ist ein Fenster für harte Trainings»
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Ärztin Matter Brügger:«Um den Eisprung rum ist ein Fenster für harte Trainings»

Zyklus, Verhütung, Training
Wie Bencic den Menstruationszyklus für sich nutzt

Trotz Bauchkrämpfen und Rückenschmerzen eine grosse Sport-Leistung abliefern – das ist der Alltag der Spitzensportlerinnen. Blick sprach mit zwei Experten und Tennis-Star Belinda Bencic, wie im Einklang mit dem Menstruationszyklus trainiert werden kann.
Publiziert: 03.01.2023 um 21:00 Uhr
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Aktualisiert: 03.01.2023 um 21:48 Uhr
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Bei den US Open 2021 schlug Belinda Bencic (l.) Iga Swiatek in zwei Sätzen.
Foto: AFP
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Sven MicosséReporter Sport

US Open 2021: Belinda Bencic trifft im Achtelfinal auf Iga Swiatek. Die Polin war schon unter den besten Zehn der Welt klassiert, die Schweizerin knapp ausserhalb. Ein Duell auf Augenhöhe. «Das ganze Turnier gings gut – bis zwanzig Minuten vor dem Match.» Die 25-Jährige bezieht sich auf ihren Menstruationszyklus. Kurz vor dem Spiel setzen nämlich Beschwerden ein. Was nun? «Ich bin raus auf den Court, die Sonne brannte bei 30 Grad. Es ist nicht einfach, aber es ist nicht unmöglich, es zu schaffen.» Bencic gewinnt die Partie schliesslich 7:6, 6:3.

Es kann aber auch anders rauskommen. Ein Jahr davor trifft sie in der dritten Runde des Australian Open auf Anett Kontaveit. Das Resultat: «0:6, 1:6. Ich habe keinen Ball getroffen. Man muss aber auch mit dem umgehen können.» Während der Periode verspürt die Ostschweizerin meist Bauchschmerzen, doch es sind jene im unteren Rücken, die meist am schlimmsten sind. «Ich verliere auch etwas die Koordination, da sich meine Körperstellung verschiebt. Ich bin träge, müde und manchmal ist mir auch schlecht.»

«Wimbledon lockerte den strengen Dresscode»

Der Menstruationszyklus ist ein mitbestimmender Teil des Lebens und der Karriere einer Spitzensportlerin. Je nach Phase kann sie sich schlapp und kraftlos fühlen oder komplett gegenteilig: voller Energie und Tatendrang. Für den Trainingsplan sind dies eigentlich wichtige Elemente. Doch lange Zeit wurde der Zyklus in den Planungen nicht gross berücksichtigt, er wurde totgeschwiegen, das körperliche Befinden wurde von vielen Trainer-Teams und den Athletinnen ignoriert.

Der Menstruationszyklus

Mit dem ersten Tag der Periode beginnt bei einer Frau der Menstruationszyklus. Dieser dauert rund 28 Tage – es variiert aber je nach Person. Während der Periode kommt es zur Menstruationsblutung, die bis zu fünf Tagen dauern kann. In dieser Zeit können Symptome wie Krämpfe, Kopfschmerzen, Unterleibsschmerzen, Übelkeit oder Stimmungsschwankungen auftreten. Zudem sind die Athletinnen anfälliger für Verletzungen.

Der Zyklus ist in zwei Phasen aufgeteilt, etwa nach der Hälfte der Zeit kommt es zum Eisprung.

Phase 1: Follikelphase
Bei dieser Phase handelt es sich, um den Zeitraum zwischen dem Eintritt der Menstruation und dem nächsten Eisprung. In dieser Zeit produziert der Körper vermehrt das weibliche Geschlechtshormon Östrogen und die Eizellen versuchen zu wachsen.

Eisprung
Mitte des Zyklus findet der Eisprung statt. Bis zu 24 Stunden lang kann eine ausgereifte Eizelle befruchtet werden, damit es zur Schwangerschaft kommt.

Phase 2: Lutealphase
Nach dem Eisprung wird im weiblichen Körper Progesteron, das Gegenstück von Östrogen, freigesetzt. Es ist wichtig für die Erhaltung und Vorbereitung einer Schwangerschaft. Ist die Frau nicht schwanger, wird zum Ende des Zyklus’ die Menstruationsblutung wieder ausgelöst. Davor tritt in manchen Fällen das prämenstruelle Syndrom (PMS) auf, das zu verschiedenen körperlichen oder psychischen Beschwerden führen kann.

Mit dem ersten Tag der Periode beginnt bei einer Frau der Menstruationszyklus. Dieser dauert rund 28 Tage – es variiert aber je nach Person. Während der Periode kommt es zur Menstruationsblutung, die bis zu fünf Tagen dauern kann. In dieser Zeit können Symptome wie Krämpfe, Kopfschmerzen, Unterleibsschmerzen, Übelkeit oder Stimmungsschwankungen auftreten. Zudem sind die Athletinnen anfälliger für Verletzungen.

Der Zyklus ist in zwei Phasen aufgeteilt, etwa nach der Hälfte der Zeit kommt es zum Eisprung.

Phase 1: Follikelphase
Bei dieser Phase handelt es sich, um den Zeitraum zwischen dem Eintritt der Menstruation und dem nächsten Eisprung. In dieser Zeit produziert der Körper vermehrt das weibliche Geschlechtshormon Östrogen und die Eizellen versuchen zu wachsen.

Eisprung
Mitte des Zyklus findet der Eisprung statt. Bis zu 24 Stunden lang kann eine ausgereifte Eizelle befruchtet werden, damit es zur Schwangerschaft kommt.

Phase 2: Lutealphase
Nach dem Eisprung wird im weiblichen Körper Progesteron, das Gegenstück von Östrogen, freigesetzt. Es ist wichtig für die Erhaltung und Vorbereitung einer Schwangerschaft. Ist die Frau nicht schwanger, wird zum Ende des Zyklus’ die Menstruationsblutung wieder ausgelöst. Davor tritt in manchen Fällen das prämenstruelle Syndrom (PMS) auf, das zu verschiedenen körperlichen oder psychischen Beschwerden führen kann.

Das Problem ist jedoch nicht im Sport anzusiedeln, es ist von gesellschaftlicher Natur. Jahrelang bestand die Scham, öffentlich über dieses Thema zu sprechen. In den letzten Jahren hat sich dies jedoch gelockert – auch in den Garderoben der Sport-Welt. Bencic: «Zwischen den Spielerinnen ist es total offen. Man redet normal darüber und tauscht sich aus.» Zuletzt öffnete Wimbledon in diesem Hinblick die Tür für eine Lockerung des weissen Dresscodes. So könnten die Spielerinnen auch dunkle Unterwäsche tragen, was besonders, wenn sie ihre Tage haben, angenehmer für sie sein kann.

Bei Bencic spielte der Zyklus früh eine Rolle

Es muss aber noch viel Arbeit getan werden, das sieht auch Sportärztin und Health-Performance-Managerin bei Medbase Bern und Swiss Olympic, Dr. Sibylle Matter Brügger (49), so: «Ich spreche mit sehr vielen Sportlerinnen in der Praxis über den Zyklus und die Anpassung des Trainings, die immer noch sagen, dass sie mit dem Trainer oder der Trainerin gar nicht darüber sprechen können.» Bei Bencic spielte der Menstruationszyklus früh eine Rolle. Schon als sie mit ihrem Vater Ivan trainiert hatte, war dies ein Thema. So zieht sie es auch heute durch. «Es ist mega wichtig, dass das Trainer-Team weiss, wann ich meine Tage habe, da es einen grossen Einfluss auf Training und Wettkampf hat. Daher ist es sehr offen.»

Die Ärztin Matter Brügger sieht in dieser Hinsicht die Trainer oder Trainerinnen in der Pflicht. Denn die Devise sei noch zu oft: Es ist normal, einfach weiter zu trainieren. «Es geht um die Bereitschaft der Person, ob sie sich in die Thematik hineinbegeben möchte. Für die Athletin ist es nicht einfach. Möglicherweise würde sie gerne darüber reden, aber kann es gar nicht. Ich sehe aber eine grosse Bereitschaft der Trainer, die Kurse und Vorträge besuchen.»

Einer, der solche Vorträge hält, ist Adrian Rothenbühler (48). Der Ex-Coach von Star-Sprinterin Mujinga Kambundji bildet mit Swiss Olympic andere Trainerinnen und Trainer in diesem Bereich aus, versucht, die Coaches und auch die Athletinnen im Bereich Verhütungsmittel und Trainingsplänen zu sensibilisieren.

Training in Zusammenarbeit mit dem Zyklus

Zyklusorientiert: Gemeinsam mit dem Trainer-Team und technologischen Hilfsmitteln wie Apps wird der Zyklus der Sportlerin überwacht. So können auf Beschwerden eingegangen und die Belastungen entsprechend angepasst werden. Diese Form wird auch im Mannschaftssport angewendet. Chelsea FC war 2020 einer der ersten Fussballvereine, die diese Trainingsform implementierten.

Zyklusgesteuert: Bei dieser Form bestimmt der Zyklus den Trainingsplan, um die hormonellen Situationen bestmöglich auszunutzen. Das könnte so aussehen, dass sich Krafttraining besonders in der ersten Phase des Zyklus nach der Menstruation eignet. Somit würde die Athletin diese Zeit nur im Kraftraum verbringen. Nach dem Eisprung würden dann eher auf koordinative Übungen und Physio-Einheiten gesetzt werden. Diese Trainingsform ist in Mannschaftssportarten kaum realisierbar.

Zyklusorientiert: Gemeinsam mit dem Trainer-Team und technologischen Hilfsmitteln wie Apps wird der Zyklus der Sportlerin überwacht. So können auf Beschwerden eingegangen und die Belastungen entsprechend angepasst werden. Diese Form wird auch im Mannschaftssport angewendet. Chelsea FC war 2020 einer der ersten Fussballvereine, die diese Trainingsform implementierten.

Zyklusgesteuert: Bei dieser Form bestimmt der Zyklus den Trainingsplan, um die hormonellen Situationen bestmöglich auszunutzen. Das könnte so aussehen, dass sich Krafttraining besonders in der ersten Phase des Zyklus nach der Menstruation eignet. Somit würde die Athletin diese Zeit nur im Kraftraum verbringen. Nach dem Eisprung würden dann eher auf koordinative Übungen und Physio-Einheiten gesetzt werden. Diese Trainingsform ist in Mannschaftssportarten kaum realisierbar.

«Das zyklusgesteuerte Training ist das High-End-Produkt. Das macht fast niemand. Was die meisten machen, ist ein zyklusoptimiertes Training. Das heisst, man nimmt Rücksicht auf die Schwankungen des Zyklus», so Rothenbühler. Wichtig ist dabei, auf die Beschwerden einzugehen und dementsprechend flexibel zu bleiben und Trainingsinhalte anzupassen. «Manchmal spüre ich fast nichts, an anderen Tagen kann ich fast nicht aus dem Bett aufstehen. Ich muss einfach kommunizieren, wie ich mich fühle, damit man das dann besprechen kann», sagt Bencic.

«Kann im Körper einer Frau Schaden anrichten»

Ein weiteres wichtiges Element in diesem Zusammenhang ist die Wahl des passenden Verhütungsmittels. «Die falsche Wahl kann Sport-Karrieren stark beeinflussen. Das kann im Körper einer Frau Schaden anrichten, sodass sie nicht mehr so leistungsfähig ist wie vorher», so Rothenbühler.

Die Auswahl geht weit über Antibabypille und Spirale hinaus. Oft ist die Frage, ob das Mittel hormonell sein soll oder nicht. Um bei der Wahl Hilfe leisten zu können, hat der olympische Verband ein Online-Flowchart entwickelt. «Damit die jungen Frauen wissen, wie sie vorgehen müssen, welche Fragen sie stellen sollen, welche Produkte es gibt.»

Bencic hat es einst mit der Pille versucht, musste sie aber wieder absetzen. «Für mich war sie überhaupt nicht gut. Mein Körper hat sich hormonell verändert und es gar nicht gut gefunden.» Stattdessen hat sie ihren normalen Zyklus – mit allen Vor- und Nachteilen. «Bei unserem Spielplan ist es eigentlich unmöglich, dass man nicht die Periode in einem Match hat.»

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«Wohin verschieben wir?»

Sollte die Menstruation vor einem wichtigen Spiel oder Wettkampf kommen, könnten die Athletinnen ausserordentlich die Pille nehmen, die eigene Hormonproduktion ruhigstellen und das Auslösen der Menstruation verzögern. «Aber bei uns Tennisspielerinnen macht das fast keinen Sinn, weil wir praktisch jede Woche ein Turnier haben. Wenn man verschiebt, ist die Frage: ‹Wohin verschieben wir?›».

Stünde sie in einem Grand-Slam-Final, würde sie es in Betracht ziehen. Es sei aber nicht das Gesündeste. In diese Kerbe schlägt auch Dr. Matter Brügger: «Wenn man es vorher nicht ausprobiert, geht man ein Risiko ein. Denn man weiss nicht, wie der Körper darauf reagiert.» Bei Frauen, die sowieso auf die Pille setzen, sei es einfacher, das Eintreten der Menstruation zu verzögern. Grund genug für Bencic, auf ihren normalen Zyklus zu setzen. «Ich hoffe einfach, dass es auf dem Platz reicht. Wer weiss, vielleicht hat die Gegnerin in der Situation auch ihre Tage.»

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