Wimbledon-Sieger am Pranger
Mega-Wettbetrug im Tennis!

Ein Wettbetrug erschüttert den Tennis-Zirkus. Wer extra verlor, kassierte 50'000 Dollar. Im Mittelpunkt stehen auch Sieger von Grand-Slam-Turnieren, wie US-Medien berichten.
Publiziert: 18.01.2016 um 00:20 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 03:15 Uhr
Von Simon Häring und Kaye Anthon

Katerstimmung statt Happy Slam in Melbourne.

Pünktlich zum Start der Australian Open berichten BBC und BuzzFeed News über Wettbetrug im Tennis; und das offenbar im grossen Stil. Das Perfide: Im Mittelpunkt stehen nicht etwa Profis, die sich nur knapp über Wasser halten können. Unter Verdacht stehen auch Top-Spieler. Namen werden indes keine genannt. Wegen fehlender Dokumente.

Mehr als die Hälfte der Beschuldigten soll auch in Melbourne spielen

Es gehe um insgesamt 16 Spieler, die in den Top 50 der Weltrangliste klassiert waren. Unter ihnen mehrfache Grand-Slam-Sieger, sowohl im Doppel als auch im Einzel. Spieler, die von den Honigtöpfen des «weissen Sports» naschen und Preisgelder in Millionenhöhe einstreichen. Mehr als die Hälfte der Beschuldigten soll auch in Melbourne spielen. Auf Twitter läuft das Thema unter dem Hashtag #TennisRacket hoch und runter.

Insgesamt handle es sich um rund 70 betrügerische Spieler. Sie sollen absichtlich Matches verloren haben, als verdächtig hohe Summen bei absurd hohen Quoten (1:1000) gegen sie gewettet wurden. Obwohl die Namen der Verdächtigen schon vor sieben Jahren an die Tennis-Bosse übergeben wurden, passierte nichts. Der Vorwurf: Vertuschung.

Fürs Verlieren gabs 50'000 Dollar

Als Lohn fürs Verlieren sollen die Spieler ab 50'000 US Dollar von Wettsyndikaten aus Russland und Italien erhalten haben. Diese erwirtschafteten bei den verdächtigen Wetten mehrere Hunderttausend Pfund Gewinn – auch an hochkarätigen Turnieren wie dem in Wimbledon, wo drei Spiele betroffen sein sollen, oder bei den French Open.

Bereits 2007 geriet das Tennis in den Wettskandal-Fokus: Nikolai Dawidenko, damals die 4 der Welt, wurde beschuldigt gegen Aussenseiter Martin Vassallo Arguello (Arg) absichtlich verloren zu haben. Auf das Spiel wurden mehrere Millionen gesetzt. Obwohl Scotland Yard ermittelte, konnte Dawidenko nicht dingfest gemacht werden: Er weigerte sich, Bankdaten und Telefonverbindungen offenzulegen und wurde freigesprochen.

Der Schotte Andy Murray sorgte danach mit folgendem Zitat für Wirbel: «Jeder weiss, dass es im Tennis Wettbetrug gibt.» Auch BLICK berichtete bereits 2012 über Wettbetrug im Tennis: Ein anonymer Profi sagte damals: «Du weisst, wenn du nicht hundertprozentig fit bist. Wenn es sich lohnt, zu verlieren, dann verlierst du halt und nimmst das Geld mit.»

Bschiss nachzuweisen ist im Tennis im Prinzip unmöglich

Auch Niederlagen in Absprache mit dem Gegner seien üblich: «Ich habe mich mit ihm zusammengesetzt. Wir haben uns auf eine Dreisatz-Niederlage geeinigt. Er hat ein paar Freunde angerufen, ich ein paar – die haben auf diesen Spielverlauf gewettet. Der Gewinn belief sich auf zwischen fünf und sechstausend Euro.» So einfach geht das.

Das Problem: Im Tennis geht es um Nuancen. Es ist einfach, leichte Fehler zu machen, das nachzuweisen ist im Prinzip unmöglich. Tatsächlich werden Wettbetrürgerein im Tennis kaum sanktioniert – ob sich das in diesem Fall ändert? Lebenslange Sperren wie zum Beispiel jene gegen den Österreicher Daniel Köllerer werden nur selten ausgesprochen.

Drei Stunden nach den Enthüllungen treten die Tennis-Bosse um ATP-Chef Chris Kermode vor die Presse. Sie bestreiten, dass die zuständige Tennis Integrity Unit Hinweisen keine hinreichende Beachtung geschenkt hätten. Sämtliche Vorwürfe seien haltlos. Man nehme das Thema sehr ernst und habe seit 2008 rund 14 Millionen Dollar in das Programm investiert.

Hinter dem #TennisRacket-Scoop steht auch John Templon, ein Data-Journalist der US-Seite «BuzzFeed». In einem eigenen Artikel erklärt er, wie er dem Wettbetrug auf die Schliche kam. So habe er in den letzten 15 Monaten Daten von 26'000 Matches zwischen 2009 und 2015 analysiert. Dabei guckte er, welche Spieler Matches verloren – obwohl sie statistisch hätten gewinnen müssen. Dieses Daten glich er mit Sportwetten ab, wo immer die gleichen Spieler Partien verloren, bei denen es um viel Geld ging.

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