Bencic gewinnt WTA-Turnier in Charleston
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Die Highlights:Bencic gewinnt WTA-Turnier in Charleston

Tennis-Experte Günthardt nach dem Bencic-Erfolg in Charlston
«...dann ist sie in Roland Garros eine Titel-Anwärterin»

Mit dem Sieg in Charleston hat sich Belinda Bencic selbst bewiesen, dass sie auf Sand gewinnen kann. Reist sie mit diesem Wissen nach Paris, kann es auch dort weit reichen.
Publiziert: 12.04.2022 um 00:08 Uhr
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In Charleston hat Belinda Bencic am Wochenende ihren 5. Titel auf der WTA-Tour gewonnen.
Foto: freshfocus
Heinz Günthardt

In Charleston hat Belinda Bencic am Wochenende ihren 5. Titel auf der WTA-Tour gewonnen. Dies auf Sand, der schlechtesten Unterlage von ihr, wie sie meint. «Ich bewege mich auf Sand, wie eine Kuh auf Eis», sagte einst Maria Sharapova, die anschliessend 2012 und 2014 in Paris den Titel holte – es ist alles eine Frage der Einstellung.

Ein Tennisfan kauft sich ein Ticket, um die Olympiasiegerin von Tokio, Belinda Bencic, beim Turnier zu verfolgen, und dann bietet sich da optisch so wenig Spektakel.

Einige Spielerinnen gehen mit von Anstrengung verzerrtem Gesicht in die Grätsche und klauben die Bälle unter lautem Gestöhne aus Ecken. Wieder andere sehen aus wie eine Werbung für ein Fitnessprodukt, sind muskelbepackt und hämmern die Bälle ins Feld. Ja, das beeindruckt!

Wenn Belinda spielt, bleibt es leise. Auch die grossen Grätschen sind nicht ihr Ding. Muskelpaket? Belinda sieht zwar athletisch aus, aber viele der Konkurrenz haben den grösseren Bizeps, die strafferen Waden.

Gut getimte Rückhand bringt auch den Punkt

Nur, warum soll Belinda in die Grätsche gehen, wenn sie bereits in der richtigen Ecke steht? Warum soll sie stöhnen, wenn sie kaum Anstrengung beim Schlagen spürt. Warum auf den Ball hämmern, wenn eine gut getimte Rückhand im Aufstieg der Linie entlang gezogen genauso den Punkt bringt?

Das beeindruckendste am Tennis von Belinda ist, dass sie Tennis so einfach aussehen lässt. Oft spielt sie wenig Überraschendes. Die Gegnerinnen wissen, was kommen wird. Ja, selbst die Zuschauer wissen nach einer gewissen Zeit, was kommen wird. Nur, was kommt, ist so perfekt, dass es die Gegnerinnen mehrheitlich überfordert – immer und immer wieder.

Geboren, um Tennis zu spielen

In den Vorbereitungen auf BJK-Cup-Partien stehe ich oft auf dem Feld, wenn Belinda trainiert. Sie aus nächster Nähe zu beobachten, ist etwas Besonderes. 1979 schrieb Patrick Hernandez den Disco Hit «Born to be alive» – hier ist jemand, der geboren wurde, um Tennis zu spielen.

Wenn das Training beginnt, verwandelt sich Belinda wie auf Knopfdruck in eine gut geölte Tennismaschine. Bereits der erste Ball bekommt ihre absolute Aufmerksamkeit. Alles passt, alles stimmt.

Belinda holte sich den Titel in Charleston wieder einmal mit so wenig Spektakel und hat sich mit dem Titel selbst bewiesen, dass sie auf Sand spielen kann. Wenn sie das nicht vergisst und mit diesem Wissen nach Paris anreist, ist sie auch in Roland Garros eine Anwärterin auf den Titel.


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