Sonderbehandlung für Top-3
Zoff um Tennis-Irrsinn in Melbourne

Die Durchführung der Australian Open benötigt ein logistisches «Wunder». Dass dabei die Top-3 um Djokovic, Nadal und Thiem zudem eine Sonderbehandlung geniessen, stösst anderen sauer auf.
Publiziert: 09.01.2021 um 12:29 Uhr
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Aktualisiert: 09.01.2021 um 13:08 Uhr
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Jérémy Chardy kritisiert die Sonderbehandlung der Top-3-Spielerinnen und -Spieler bei den Australian Open.
Foto: AFP

Ab 8. Februar sollen in Down Under wieder die gelben Filzbälle über die Hartplätze fliegen. Das erste Grand-Slam-Turnier im Jahr 2021 wird allerdings zur Mega-Herausforderung für die Organisatoren und vor allem auch für die Spielerinnen und Spieler.

«Es ist einfach verrückt, so etwas haben wir noch nie erlebt», sagt Australiens Tennis-Boss Craig Tiley in einem Interview mit «Tennis Channel». «Sowas logistisch durchzuführen, ist ein kleines Wunder. Aber wir werden es versuchen.»

Was Tiley meint: Die Corona-Pandemie hat auch die Abläufe im Vorfeld des Major-Turniers in Melbourne mächtig durcheinander gewirbelt. Deshalb verschickt Tennis Australia nun ein sechsseitiges Verhaltensprotokoll an die Spieler.

1270 Personen in 18 Charter-Maschinen

Darin wird den Tennis-Stars verkündet, dass schon bald Charter-Flüge abheben werden, um die Spielerinnen und Spieler sicher nach Melbourne zu bringen. Mindestens 18 Charter-Maschinen starten von sieben verschiedenen Orten in der Welt, um einen regelkonformen Transport der rund 1270 Personen zu gewährleisten. Die Flüge heben in Dubai, Los Angeles, Singapur, Abu Dhabi, Doha, Miami und Antalya ab und werden im Privat-Bereich von Melbournes Tullamarine Flughafen landen.

Im Brief an die Spieler stehen zudem strenge Corona-Regeln, die während des Turnieraufenthalts in Australien einzuhalten sind. So muss ein nicht mehr als 72 Stunden alter negativer Test vorgewiesen werden, um in die Flugzeuge zu steigen, welche je rund 75 Passagiere aufnehmen.

Ausschaffung, Verhaftung, Isolation

Die Corona-Regeln sind streng. Wer sie bricht, kann mit Bussen von bis zu 14'000 Franken bestraft werden. Regeln-Brechern wird sogar mit Ausschaffung aus Australien, mit Verhaftung und Isolation in einem staatlich verordnetem Hotelzimmer oder mit Verlust von sämtlichen Preisgeldern gedroht. Die australischen Behörden wollen um jeden Preis eine weitere Ausbreitung von Covid-19 verhindern. Deshalb dürfen die Spieler pro Tag nur fünf Stunden ihre Hotelzimmer verlassen, um zu trainieren. Und: Auch ein Regelbruch eines Staff-Mitglieds wird als Corona-Verstoss des jeweiligen Spielers gewertet.

Ebenfalls wird davor gewarnt, dass die Hotelzimmer keine Balkons haben werden und dass «es nicht möglich ist, während der Quarantäne zu kochen». Beim Room-Service könne aber zum Beispiel Alkohol bestellt werden.

Nicht mit dabei sein wird unser Schweizer Maestro, Roger Federer (39). Unter anderem sollen die Quarantäne-Bedingungen für seine Familie Federer ein Dorn im Auge sein, wie ein Insider berichtet.

Top-3 in Adelaide statt Melbourne

Die Bedingungen sind derweil nicht für alle gleich. Und das bringt etwa den Franzosen Jérémy Chardy (33, ATP 72) auf die Palme. Denn Tennis Australia will aufgrund der schwierigen Hotel-Situation die jeweiligen Top-3 der Weltranglisten der Frauen und Männer nicht in Melbourne, sondern in Adelaide unterbringen, wo sie ihre Quarantäne verbringen dürfen.

Zudem sollen nach Abschluss der Teilisolation Ashleigh Barty, Naomi Osaka und Simona Halep bei den Frauen, Novak Djokovic, Rafael Nadal und Dominic Thiem bei den Männern am 29. und 30. Januar auch noch einen Showkampf bestreiten.

Chardy ist wütend über die Sonderbehandlung. In der «Équipe» erklärt er: «Diese Ankündigung für die Top-3 kommt komplett aus dem Nichts und ist ein wenig komisch, um es vorsichtig zu formulieren. Sie werden im Hotel von einem Fitnessstudio profitieren, können ihre Übungen machen. Und das wird nicht auf ihre Fünf-Stunden-Quote pro Tag angerechnet.»

«Wäre ich die Nummer 4, ich wäre zerstört»

Der Franzose weiter: «Sie werden in der Lage sein, rauszugehen. Es wird fast wie ein normales Leben sein. Und sie haben ohnehin schon viele Privilegien. Wenn sie von allem mehr machen können als wir, dann wird das nicht dieselbe Vorbereitung sein. Und das ist eigenartig für einen Sport, bei dem alle dieselben Voraussetzungen haben sollten.»

Bitter ist die Vorzugsbehandlung der Top-3 vor allem für Daniil Medwedew, der Russe, der die Nummer 4 der Welt ist. Chardy: «Wenn ich die Nummer 4 der Welt wäre, ich wäre zerstört. Und was wäre passiert, wenn Roger gekommen wäre?». Der Schweizer hätte als Fünfter der Weltrangliste ebenfalls nicht von der Sonderbehandlung profitiert. Aber ob er sich das wirklich gefallen lassen hätte? (red)

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