Auf einen Blick
- Henry Bernet gewinnt als erster Schweizer die Junioren-Trophäe der Australian Open
- Experten warnen vor Vergleichen mit Federer trotz ähnlicher Spielweise
- Der Basler hat nun Anrecht auf Wildcards bei Challenger-Events
Selbst sein Final-Gegner Benjamin Willwerth (17) kann nicht anders, als Henry Bernet (18) mit dessen berühmtem Landsmann zu vergleichen. «Er spielt gerade wie Federer, das ist einfach zu gut», meinte der Amerikaner an der Siegerzeremonie, an der Bernet als erster Schweizer überhaupt die Junioren-Trophäe der Australian Open entgegennehmen durfte.
Die Parallelen zum 20-fachen Grand-Slam-Sieger begleiten ihn medial seit Tagen. Nun ja, weil der Junge halt auch aus Basel kommt, vom TC Old Boys stammt, eine einhändige Rückhand spielt und wie sein Idol auch noch ein umgänglicher, freundlicher, eloquenter Typ ist. Der Spieler selbst hingegen sagt, er wolle seinen «eigenen Weg» gehen. Und auch andere Stimmen aus der Tennis-Szene warnen davor, die Erwartungshaltung nun zu überhöhen.
«Die Federer-Vergleiche sind gefährlich. Ich bin der Meinung, dass Henry auf einem wirklich vielversprechenden Weg ist. Er hat gute Karten für eine tolle Karriere. Doch er braucht noch Zeit, denn der nächste Schritt zu den Profis ist ein gewaltiger», sagt etwa Alessandro Greco, Leiter Spitzensport bei Swiss Tennis. Und auch Blick-Experte Heinz Günthardt findet, Bernet jetzt auf eine Ebene mit dem jungen Federer zu stellen, sei «nicht in Ordnung».
Attraktiv fürs Publikum – wie Alcaraz oder Kyrgios
Er meint: «Wenn die Leute diesen Vergleich herstellen, dann ist er nur in einem Aspekt berechtigt. Nämlich in puncto Eleganz.» Günthardt hat den 1,91 m grossen Rechtshänder seit Jahren verfolgt und sagt: «Wenn du an Juniorenturniere gehst, sehen die Spielerprofile oft sehr ähnlich aus. Henry aber ist anders. Er fällt auf. Sein Spiel hat einen wunderschönen Fluss, es wirkt richtiggehend mühelos. Dadurch hat er Star-Qualitäten, denn die Leute werden ihm gerne zuschauen.» Günthardt spricht vom «Court Appeal», dem Anreiz, den attraktiv spielende Tenniscracks auf das Publikum ausüben – «wie jeder auch gerne Carlos Alcaraz oder Nick Kyrgios zuschaut».
Geduldsprobe wartet
Gleichzeitig betont er, dass dies kein Freifahrtschein für eine grossartige Laufbahn sei: «Nur weil einer ästhetisch gefällt, garantiert dies längst nicht, dass er auch mehr gewinnt als einer, der auf dem Platz weniger Anmut versprüht». Der frühere Profi sowie langjährige Trainer und Berater beim Verband sieht in der Spielart von Bernet viel Potenzial, aber auch die Basis für eine Geduldsprobe, die nun warte. «Weil sein Spiel komplexer und variabler ist als das von vielen anderen, braucht er womöglich auch noch länger, um es zu festigen», so Günthardt. Und Greco ergänzt: «Was Henry macht, sieht schön aus. Aber er hat dafür auch hart gearbeitet. Und er wird es auch weiterhin tun müssen.»
Auf den Basler wartet nun in diesem Jahr ein Mix aus Junioren- und Profi-Turnieren. Der grösste Vorteil nach dem Melbourne-Triumph: Er hat als Grand-Slam-Sieger Anrecht auf Wildcards bei Challenger-Events.