Seit immer mehr Sportlerinnen und Sportler öffentlich über ihre mentalen Probleme reden, ist das Thema Psyche kein Tabu mehr. Auch Sportler, die einen unerschütterlichen Eindruck machen, werden von solchen Krisen und Erfahrungen offensichtlich nicht verschont.
So hat nun auch der als Tennis-Rüpel verschriene Nick Kyrgios (26, ATP 77) Einblicke in sein Innerstes gewährt. Der Australier kritisiert den auf der Profi-Tour teilweise harten Umgang. «Ich bin robust, aber ich habe so viel Hass, Rassismus und andere Abneigung bekommen. Von der Tour, von Fans, von allem», sagte der Australier beim ATP-Turnier in Washington, wo er in der Nacht auf Mittwoch gegen Mackenzie McDonald im Einsatz steht.
Kyrgios scheint die Zeit mit Corona sehr nah gegangen zu sein. Fast ein komplettes Jahr war er raus aus dem Tenniszirkus. Und auch in der aktuellen Saison trat er nur fünf Mal an: Zwei Mal in Melbourne, in Wimbledon und Atlanta, nun probt der Australier in Washington einen Neustart.
Aber seine nachdenklichen Worte deuten darauf hin, dass er selber nicht so genau weiss, wohin die Tennisreise für ihn noch geht. Gerade in jungen Jahren auf der Tour hätte er schon viele Probleme gehabt. «Ich war an dunklen Orten. Orte, an denen Leute wie Naomi Osaka momentan sind, wenn sie über mentale Probleme sprechen. Aber was ich durchgemacht habe, war meiner Meinung nach 20-mal schlimmer.» Die anderen bekämen nur gute Presse. «Keine hasserfüllten Nachrichten. Keine lächerlich hohen Strafen, wenn sie Bälle aus dem Stadion dreschen.»
Falsch, ihn wie Federer zu behandeln
Kyrgios hätte anderes erwartet: «Anstatt jemanden derart auszugrenzen, ja fast zu kreuzigen, hätte man sagen sollen: Okay, der Typ ist anders, lass ihn sich in einer gewissen Weise anders benehmen, behandele ihn nicht wie einen Roger Federer oder Marin Cilic.»
Wie lange es noch weitergeht mit der Tenniskarriere von Kyrgios? Seine Worte klingen jedenfalls sehr nach Abschied. «Jedes Mal, wenn ich bei einem Turnier bin, denke ich, es könnte das letzte Mal sein, dass ich hier bin. Ich weiss gerade nicht, wo ich stehe. Ich fühle mich komisch. Ich fühle mich merkwürdig, was meine Karriere aktuell anbelangt.» (red)