Nach Horror-Crash und Nationenwechsel
Baslerin erobert die spanischen Herzen

Rebeka Masarova blickt mit 23 Jahren bereits auf eine bewegte Karriere zurück. Sie schrammte am Tod vorbei, verliess die Schweiz, um für Spanien zu spielen – und durchlebte ein jahrelanges Tief. Jetzt startet sie auf ganz grosser Bühne in Madrid plötzlich durch.
Publiziert: 28.04.2023 um 20:56 Uhr
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Aktualisiert: 28.04.2023 um 21:13 Uhr
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Höhenflug: Rebeka Masarova spielt in Madrid gross auf.
Foto: keystone-sda.ch
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Marco PescioReporter Sport

Die Tennis-Fans in Madrid reiben sich verwundert die Augen. Was passiert da gerade? Rebeka Masarova, nur dank einer Wildcard beim Masters-Turnier dabei, verblüfft mit einem weiteren, grossartigen Auftritt. Nach ihrem Auftaktsieg gegen Cristina Bucsa düpiert die 23-Jährige auch Donna Vekic, die Weltnummer 23, mit einem 6:1, 7:6-Erfolg und steht in Runde drei.

Masarova reckt ungläubig die Arme hoch, lässt sich von ihrem Heimpublikum feiern. Es ist der vorläufige Höhepunkt eines bemerkenswerten Saisonstarts, der sie erstmals in die Top 100 der Weltrangliste spülte. Und der vorläufige Höhepunkt einer bewegten Karriere, die in der Schweiz begann.

Masarova, Tochter einer Spanierin und eines Slowaken, ist in Basel geboren. Lange galt sie als eines der grössten Nachwuchstalente von Swiss Tennis. 2016 gewann sie das Juniorinnen-Turnier von Roland Garros als erste Schweizerin nach Martina Hingis und Belinda Bencic.

Noch im selben Jahr aber ereilt sie ein Schockerlebnis: Auf dem Weg an ein Turnier in Clermont-Ferrand (Fr) verunfallt der Kleinbus ihrer Familie schwer. Der Wagen landet völlig demoliert auf dem Dach, doch wie durch ein Wunder kommen Masarova, ihre Mutter und ihr Bruder fast unverletzt davon: «Dann standen wir einfach da und umarmten uns. Wir konnten es nicht glauben. Alles war in tausend kleine Teile zersplittert und wir hatten bloss einen oder zwei kleine Kratzer. Es hätte unser letzter Tag sein können, aber für Gott hat er es nicht sein sollen», sagte sie damals zu Blick.

Das Tief nach dem Wechsel

Erneut in die Schlagzeilen geriet Masarova Anfang 2018, als sie – nicht ohne Nebengeräusche – plötzlich einen Nationenwechsel nach Spanien vollzog. Eine Riesenüberraschung für viele in der Schweizer Tennisszene. Unverständnis machte sich breit, Fragen kamen auf. Die junge Tennisspielerin als Opfer eines Familienentscheids? Masarova meldete sich irgendwann auf Facebook, schrieb: «Als Sportler ist man frei zu entscheiden, welches Land man repräsentieren will. Dafür kann es verschiedene Gründe geben. In meinem Fall ist die Entscheidung von Herzen gekommen.»

ATP schafft Linienrichter ab

Die «Out»-Rufe gehören im Männer-Tennis bald der Vergangenheit an. Die Spielervereinigung ATP setzt ab der übernächsten Saison bei Entscheiden, ob ein Ball im Feld war, auf technische Lösungen.

Anstelle klassischer Linienrichter soll von 2025 an auf der kompletten ATP Tour ein elektronisches Live-System genutzt werden, um die Linien des Spielfelds mit technologischem statt menschlichem Auge zu überwachen.

«Dies ist ein Meilenstein für unseren Sport und einer, den wir nicht ohne sorgfältige Überlegung erreicht haben», liess sich ATP-Chef Andrea Gaudenzi zitieren. «Tradition ist das Herzstück des Tennissports, und Linienrichter haben eine wichtige Rolle über die Jahre gespielt.» Die Organisation habe aber die Verantwortung, Innovation und neue Technologien anzunehmen.

Seit 2017 gab es Tests mit dieser Technologie, die auch verstärkt durch die Coronavirus-Pandemie zuletzt immer öfter zum Einsatz gekommen war. (SDA)

Die «Out»-Rufe gehören im Männer-Tennis bald der Vergangenheit an. Die Spielervereinigung ATP setzt ab der übernächsten Saison bei Entscheiden, ob ein Ball im Feld war, auf technische Lösungen.

Anstelle klassischer Linienrichter soll von 2025 an auf der kompletten ATP Tour ein elektronisches Live-System genutzt werden, um die Linien des Spielfelds mit technologischem statt menschlichem Auge zu überwachen.

«Dies ist ein Meilenstein für unseren Sport und einer, den wir nicht ohne sorgfältige Überlegung erreicht haben», liess sich ATP-Chef Andrea Gaudenzi zitieren. «Tradition ist das Herzstück des Tennissports, und Linienrichter haben eine wichtige Rolle über die Jahre gespielt.» Die Organisation habe aber die Verantwortung, Innovation und neue Technologien anzunehmen.

Seit 2017 gab es Tests mit dieser Technologie, die auch verstärkt durch die Coronavirus-Pandemie zuletzt immer öfter zum Einsatz gekommen war. (SDA)

Doch der Wechsel war vorerst nicht von Erfolg gekrönt. In der Schweiz verschwand sie komplett vom Radar, in Spanien flog sie als Talent um Rang 400 ohnehin darunter. Es folgten schwierige Jahre, geprägt von Verletzungen und Corona. Aber auch von einem Neuanfang, nach der Trennung von ihrer Mutter auf geschäftlicher Ebene und dem Umzug nach Barcelona. Rückblickend sagte ihr Coach Pipo Maresma 2021 dem spanischen Portal «Puntodebreak»: «Sie hat körperlich eine Tortur durchgemacht. Aber wir haben Vertrauen in ihre Fähigkeiten und hoffen, dass sie uns in ein paar Jahren viel Freude bereiten wird.»

Und tatsächlich: Anfang 2023 startet sie durch, stürmt beim 250er-Turnier in Auckland sensationell in den Final – und im WTA-Ranking auf Platz 74.

«Riesige Last abgefallen»

In Madrid führt sie nun ihren steilen Aufstieg fort, darf am Samstag in Runde drei gegen Weltnummer neun Maria Sakkari (27) ran. Die Spanier sind entzückt. Masarova sagt derweil in breitem Basler Dialekt: «Nach dem grossen Sprung Anfang Jahr ist bei mir eine riesige Last abgefallen. Ich freue mich sehr!»

Nach den herausfordernden letzten Jahren geniesst sie ihren Höhenflug in Madrid in vollen Zügen. Der Wirbel um den Nationenwechsel ist für sie abgehakt, der Bezug zur Schweiz aber noch immer gross. Sei es, weil ihre Familie nach wie vor in Basel lebt. Weil sie hin und wieder in Barcelona mit Jil Teichmann (25/WTA 30) trainierte. Oder ganz einfach, weil sie sagt: «Ich trage weiterhin beide Länder in meinem Herzen.»

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