Fahrlässiges Corona-Verhalten an der Adria-Tour. Eine abgeschossene Linienrichterin an den US Open mit anschliessender Disqualifikation. Die Gründung einer eigenen Spielergewerkschaft. Der Versuch, in Melbourne für die Tennis-Bubble eine Sonderbehandlung herauszuschlagen. Der Wirbel um eine mögliche Bauchmuskelverletzung während der Australian Open. Um Tennis-Superstar Novak Djokovic (33) ist in den letzten Monaten keine Ruhe eingekehrt.
Medien, Spieler-Kollegen, Fans regten sich auf – von allen Seiten gab es Kritik für den Serben. Ungerecht, meint sein Trainer Goran Ivanisevic (49). «Alles hat mit der Adria-Tour angefangen», sagt er zu «Tennismajors.com». «Sie hatten es vorher schon auf ihn abgesehen, aber im letzten Jahr bin ich mir vorgekommen als ob ich ‹Texas Chainsaw Massacre› gucken würde», so Ivanisevic lachend.
«Menschen vom Balkan werden anders angeschaut»
Der Vergleich mit dem blutigen Kettensägen-Massaker-Splatterfilm mag gewagt sein. Aber der Kroate schlägt ernste Töne an, wenn es um Djokovic geht. «Warum wird er so behandelt? Wahrscheinlich wegen seiner Herkunft, Menschen vom Balkan werden immer anders angeschaut.» Ein Rassismus-Vorwurf, ein happiger noch dazu.
An den US Open, wo Djokovic disqualifiziert wurde, nachdem er mit dem Ball eine Linienrichterin getroffen hatte, «waren alle froh, weil ihm dieser Mist passiert ist.» Und in Australien habe er sich für seine Kollegen eingesetzt. «Und wieder: Lasst uns auf Djokovic eintreten, weil er der Einzige ist, der etwas sagt. In meiner ganzen Karriere habe ich Spieler erlebt, die alles mögliche angestellt haben, aber niemand wurde behandelt wie Novak.»
«Djokovic ist ein mentaler Felsen»
Das «Perfideste und Traurigste» sei gewesen, als Djokovic unterstellt wurde, er täusche seine Bauchmuskelverletzung an den Australian Open nur vor. «Ist ein anderer Topspieler verletzt, wird es als heroischer Akt angesehen, wenn er überhaupt auf den Platz geht. Aber wenn es Novak ist, dann täuscht er es vor.»
Doch sein Schützling sei vielleicht auch gerade deswegen mental so stark. «Ich habe noch nie so einen mentalen Felsen wie ihn getroffen», so Ivanisevic. «Ich glaube, er ist einer der mental härtesten Sportler der Welt, nicht nur im Tennis. Wenn ihn alle abschreiben, findet er irgendwie eine neue Quelle der Energie.» Möglich, dass da was dran ist. In Melbourne holte Djokovic nach der ganzen Aufregung Major-Titel Nummer 18 – und rückt Roger Federer und Rafael Nadal (beide 20 Grand-Slam-Siege) immer mehr auf die Pelle. (eg)