Er gab zuletzt lange zu reden: Ein kurzer, knapper Handshake, der möglicherweise völlig normal war, in den aber auch jede Menge hineininterpretiert werden konnte. Als «kalt» beschrieben einige User auf Social Media die Begegnung am Netz zwischen Iga Swiatek (21) und Aryna Sabalenka (24) nach dem Stuttgart-Final, den Erstere mit 6:3, 6:4 für sich entschied.
Nun, ob übertrieben oder nicht: Kehrt man die Sache um, kann das Verhältnis der beiden aktuell besten Tennisspielerinnen der Welt keineswegs als warm bezeichnet werden. Swiatek ist Polin und klare Ukraine-Unterstützerin, Sabalenka eine Weissrussin, die sich vehement gegen Vor-Verurteilungen wehrt. Zu gross sind die Spannungen, die nicht zwingend persönlich sein müssen, aber auf jeden Fall im grossen Kontext des in Europa herrschenden Kriegs stehen.
Nun treffen sie im Endspiel des Masters-Turniers von Madrid erneut aufeinander. Es ist in sportlicher Hinsicht ein Traumfinal. Das Beste, was das Frauentennis aktuell zu bieten hat. Aber es liegt eben auch der politische Schatten darüber.
«Keine ordentliche Führung der WTA»
Weltnummer eins Swiatek setzte sich von Anfang an für die Betroffenen in der Ukraine ein. Sie kritisierte nicht nur die WTA für ihr zögerliches Handeln, sondern etwa auch die Russin Anastasia Potapova, die in Indian Wells mit dem Dress ihres Lieblingsvereins Spartak Moskau auflief: «Für mich ist das ziemlich emotional. Diese Dinge mit Leuten, die Trikots von russischen Fussballvereinen tragen, passieren nur, weil wir zu Beginn keine ordentliche Führung durch die WTA hatten.»
Swiatek hätte eine Sperre russischer und weissrussischer Spielerinnen befürwortet – als klares Zeichen. Nun sei es aber zu spät, die Situation viel zu «chaotisch» und auch «ziemlich angespannt».
Die aus Minsk stammende Weltnummer zwei Sabalenka wäre demnach auch aus dem Verkehr gezogen worden. Doch durch die Erlaubnis, unter neutraler Flagge spielen zu dürfen, hat sich zuletzt eine spannende, hochstehende Rivalität zwischen ihr und Swiatek entwickelt. Sabalenka wurde Australian-Open-Champion, die dreifache Grand-Slam-Siegerin Swiatek gewann ihrerseits in diesem Jahr bereits in Doha und eben Stuttgart.
«Nicht das beste Gefühl, gehasst zu werden»
Sabalenka gab zuletzt wiederholt zu Protokoll, dass ihr die Situation in der Ukraine ebenfalls zusetze. Sie sprach von «Hass» in der Kabine und erklärte: «Es gibt Menschen, die mich nicht mögen, nur weil ich in Belarus geboren wurde. Das ist ihre Entscheidung. Ich kann das nicht kontrollieren. Es ist nicht das beste Gefühl, gehasst zu werden für praktisch nichts. Aber es ist, wie es ist.» In Stuttgart sagte sie zuletzt zudem: «Wenn ich den Krieg stoppen könnte, würde ich das machen, aber leider liegt das nicht in meinen Händen.»
In diesen liegt dafür der Madrid-Final vom Samstag. Es ist ein Vorgeschmack auf das, was womöglich auch bei den French Open (ab 28. Mai) folgen könnte: ein (leider) in jeder Hinsicht hochbrisantes Duell um den Titel.