Am Schluss haben die Djokovics plötzlich keine Lust mehr. Die Pressekonferenz von Novak Djokovics Vater Srdjan, Mutter Dijana und Bruder Djordje ist etwa eine halbe Stunde alt, als Journalisten nachzufragen beginnen, was es mit Djokovics positivem PCR-Test vom 16. Dezember auf sich habe. Und warum der ATP-Weltranglistenerste trotz positivem Corona-Testergebnis am 16., 17. und 18. Dezember nachweislich ohne Schutzmassnahmen weiterhin Leute getroffen habe, statt in Isolation zu gehen.
Denn egal, ob Djokovic sein Australien-Visum behalten und bei den Australian Open spielen kann, sein Verhalten im Dezember 2021 wirft ein schiefes Licht auf den 20-fachen Grand-Slam-Sieger: Bilder zeigen, wie Djokovic am 17. Dezember Kinder seiner Tennis-Akademie in Belgrad trifft. Ohne Maske, ohne Abstand, schon gar nicht in Isolation. Einen Tag später ist er zu einem Shooting bei der französischen Sportzeitung L'Equipe zu Besuch. Ohne Vorsichtsmassnahmen natürlich. Wie kann das sein? Wie erklären die Djokovics das? «Die Pressekonferenz ist beendet», sagt Djordje Djokovic nach kurzem Nachdenken ruhig.
Davor sind die Djokovics deutlich auskunftsfreudiger. Denn wenn sie etwas zu sagen haben, sind grosse Gesten üblicherweise Programm. Das ist auch am Montagnachmittag lange nicht anders, als sie in Belgrad zwischen Novaks Pokalen, Video-Highlights aus seiner Karriere und einer Djokovic-Büste vor den Medien sprechen. «Ein grossartiger Sieg für die Menschen auf der ganzen Welt», erklärt Vater Srdjan Djokovic dazu, dass die Annullierung des Visums seines Sohnes von einem australischen Gericht wieder rückgängig gemacht worden war. «Wir haben alle das Recht, zu sagen, was wir denken.»
«Ein paar mächtigen Leuten hat es nicht gepasst»
Die Djokovics sehen ihren Sohn scheinbar als Opfer einer Verschwörung: «Er ist immer gut mit allen, er versucht überall zu helfen. Er kommt aus einem kleinen, armen Land. Und ein paar mächtigen Leuten hat es offenbar nicht gepasst, dass ein so kleiner, armer Junge einmal so gut wird.»
Für seinen Onkel Goran ist es sogar «der grösste Sieg seiner Karriere». Die Djokovics gehen mit den australischen Behörden hart ins Gericht. «Novak wurde malträtiert», so Bruder Djordje. «Man hat ihm alle Rechte genommen», sagt Papa Srdjian. «Man versuchte, ihn zur Rückkehr zu zwingen. Aber dafür gabs keinen Grund.»
Mama Dijana: «Er hat nichts Falsches gemacht»
Positives bekommt einzig Richter Anthony Kelly zu hören, der im Sinne von Djokovic entschied. «Die Gerichtsverhandlung hat geholfen, die Konflikt-Situation aufzulösen», so Djordje. «Es war auch für das Gericht schwierig. Die hatten einen riesigen Druck, die ganze Welt interessierte sich für den Fall.»
Auch Mutter Dijana hält sich nicht zurück: «Er hat nichts Falsches gemacht und musste trotzdem diese Tortur mitmachen. Wir werden erst noch hören, was er alles durchmachen musste. Er hat das volle Recht, in Australien zu sein.» Es sei schwierig gewesen für die ganze Familie. «Wir hatten noch nie so eine Situation. Wir geben uns viel Mühe, um für ihn zu kämpfen, damit man unsere Stimme in der Welt hört. Wir spüren Enttäuschung, Trauer. Wir wussten nicht, ob es ihm gut geht, ob er krank ist, ob er satt ist.»
Ein bisschen über Tennis wird auch noch geredet, mit grossem Selbstvertrauen natürlich. «Nichts wird Novak davon abhalten, der beste Tennisspieler aller Zeiten zu werden», so Papa Srdjan. «Egal wer spielt. Novak wird immer der Beste sein.» Da sind die Meinungen gemacht.
Stumm werden die Djokovics erst bei den Fragen nach den Tagen Mitte Dezember, als ihr Bruder und Sohn offenbar positiv getestet wurde. Da stimmen sie lieber ein serbisches Lied an, das sie Arm in Arm singen, nachdem die Pressekonferenz aufgelöst ist.
Kurze Zeit später meldet sich auch Novak via Tweet. Er postet ein Bild, dass ihn bereits auf dem Center Court des Australian Open zeigt. Er bedankt sich bei allen für die Unterstützung und ist froh, dass er nicht mehr im Hotelzimmer eingesperrt ist. «Ich will bleiben und das Turnier spielen», schreibt er dazu.