Frances Tiafoe jubelt auf Instagram: «Amerikanisches Tennis! Wir übernehmen das Ding hier endlich wieder.» Was die in Melbourne in der dritten Run-de ausgeschiedene Weltnummer 17 meint? Klar, die hervorragenden Resultate der US-Männer und -Frauen an den Australian Open. Aber vor allem: den rein amerikanischen Viertelfinal zwischen Tommy Paul und Ben Shelton, den Ersterer in vier Sätzen für sich entscheidet.
Paul ist der erste amerikanische Tennisspieler seit 14 Jahren, der beim «Happy Slam» in einen Männer-Halbfinal eingezogen ist. Zuletzt war dies Andy Roddick 2009 gelungen. Paul beendet damit eine lange Durststrecke, die zwischenzeitlich traurige Ausmasse erlangte. Nach Roddick war in Sachen Halbfinal-Qualifikationen bei den Männern bis 2017 und Sam Querrey in Wimbledon tote Hose. Die einstige Tennis-Grossmacht war abgestürzt. Die letzten Grand-Slam-Siege gehen auf Roddick (US Open) und Andre Agassi (Australian Open) zurück – das war vor 20 Jahren!
Jetzt melden sich die US-Boys in Melbourne eindrücklich zurück. Wie sehr das amerikanische Männer-Tennis im Aufschwung ist, zeigt nicht allein der Lauf von Paul. Mackenzie McDonald (gegen Rafael Nadal) und Jenson Brooksby (gegen Casper Ruud) warfen beim Aussie Open innerhalb von 24 Stunden die Nummern 1 und 2 des Turniers aus dem Rennen. Und Lucky Loser Michael Mmoh bodigte mit Alexander Zverev den nächsten grossen Namen. Sebastian Korda scheiterte erst im Viertelfinal an Chatschanow.
«Wir pushen uns gegenseitig»
Nach Melbourne werden zehn US-Profis in den Top 50 rangiert sein. Für Paul (ATP 35) ist der Halbfinal gegen Turnier-Top-Favorit Djokovic das absolute Karriere-Highlight bisher. Und die (vorläufige) Krönung des bemerkenswerten amerikanischen Auftritts in Down Under, bei dem auch die Frauen etwa mit Viertelfinalistin Jessica Pegula ihren Teil dazu beigetragen haben.
Paul sieht den Grund für die positive Entwicklung in seinem Land in der Kommunikation und der guten Stimmung untereinander: «Wir pushen und helfen uns gegenseitig – nicht nur im Sinn der Resultate.»
Nun, um mindestens ein Ergebnis gehts aber noch: Der Mann aus North Carolina hat jetzt die Möglichkeit, in der Nacht auf Freitag den US-Höhenflug gegen Djokovic gar noch zu toppen. Dann wäre es wohl nicht nur Tiafoe, der zum Jubelgesang anstimmen würde.