Viele Ukrainer kämpfen in diesen Tagen für ihr Land gegen Russland – darunter Ex-Tennis-Profi Sergej Stachowski. Der 36-Jährige scheiterte im Januar bei den Australian Open in der Qualifikation und beendete daraufhin seine Karriere. Gross von sich reden machte der Ukrainer 2013, als er in der zweiten Runde von Wimbledon Roger Federer besiegte.
Statt den Tennis-Ruhestand nun in seinem Haus bei Frau und den drei Kindern in Budapest zu vefrbringen, ist er seit einigen Wochen für sein Heimatland im Krieg.
Gegenüber der «Frankfurter Allgemeine Zeitung» (FAZ) hat sich Stachowski zur Lage in der Ukraine geäussert. «All das, was vorher unser Alltag war, gibt es nicht mehr.» Der Tag habe aber trotzdem klare Strukturen. «Wir sind eine Gruppe aus drei bis fünf Leuten. Wir haben einen Sektor, in dem wir patrouillieren. Jeder hat eine zweistündige Schicht, dann sechs Stunden Ruhepause, dann muss man wieder zwei Stunden raus, egal, ob es Tag oder mitten in der Nacht ist.»
Rückkehr zur Normalität?
Sein Aufgabenbereich ist dabei auch klar definiert. «Wir schauen, ob es russische Agenten gibt, und verhindern, dass Marodeure in Geschäfte einbrechen.» Im Grunde sorge er dafür, dass sich die Zivilbevölkerung Tag und Nacht sicher fühlt.
Aktuell ist Stachowski in Kiew stationiert. Er nimmt dabei eine gewisse Rückkehr zur Normalität wahr. «Langsam kommt wieder Leben nach Kiew. Familien kehren zurück. Ich glaube, die erste Welle der Angst ist vorbei.»
In den übrigen ukrainischen Städten sei die Situation wesentlich anders. «Natürlich ist jeder besorgt über die anderen Städte, die verwüstet werden und wo Menschen sterben. Jeder ist motiviert, aber auch wütend und bereit, sich an der russischen Armee für ihre Gräueltaten zu rächen, für das, was sie der Zivilbevölkerung antun.»
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«Unterstützung könnte viel grösser sein»
Dann malt Stachowski das Worst-Case-Szenario aus. «Sollte die Ukraine diesen Krieg verlieren, wird sie aus allen Geschichtsbüchern getilgt werden. Sie wird als Land von der Erde verschwinden.»
Für Stachowski war deshalb schnell klar, dass er für sein Heimatland in den Krieg zieht. Er wisse mit Sicherheit, dass er für den Rest seines Lebens Schuldgefühle gehabt hätte, wäre er zu Hause geblieben, gesteht er.
Zum Schluss appelliert Stachowski in Richtung Politik. «Wir alle sehen, dass wir nicht allein sind, dass uns die Welt zusieht. Politisch könnte die Unterstützung viel grösser sein. Man muss den Himmel über der Ukraine schliessen; auf dem Boden werden die russischen Truppen die Ukraine nicht schlagen. Die Ukrainer sind bereit, sich zu wehren.»
Gefreut hat den Ukrainer ein SMS von Roger Federer. «Er hat gesagt, dass er sich wünscht, dass es bald Frieden gibt», sagt Stachowski zu AFP. Roger und seine Frau Mirka würden mit ihrer Stiftung versuchen, ukrainischen Kindern zu helfen. (cef)