Es wird das «emotionalste Interview des Jahres», kündigt TV-Moderator Steven Gätjen sein Gespräch mit Boris Becker an. Wie wahr: Die Tennis-Legende kämpft mehrmals gegen die Tränen. Offen und ehrlich spricht der 55-Jährige über die letzten acht Monate, «die schlimmste Zeit meines Lebens».
Seinen Biografen Christian Sommers freut diese Offenheit besonders. «Das Interview hat alles gehalten, was es versprochen hat. Ich bin sehr angetan, wie offen, ehrlich und authentisch dieses Gespräch war», sagt er im Gespräch mit «bunte.de». Dass Becker erstmals öffentlich zugab, berechtigterweise schuldig gesprochen worden zu sein, «war der einzige Weg, sich selbstkritisch und demütig zu zeigen».
Dass Becker mit dem Gedanken spielt, nach Miami oder Dubai zu ziehen, empfindet er dagegen als «recht überraschend»: «Das sind nicht gerade die günstigsten Orte.» Der sechsfache Grand-Slam-Sieger glaube nicht, dass er in Deutschland die nötige Privatsphäre geniessen würde, die er bräuchte. «Ich denke, dass er sich in Deutschland voll rehabilitieren kann», entgegnet Sommers.
Gibts Folgen für angedeuteten Mordversuch?
Sicher ist: Nach Grossbritannien darf er voraussichtlich bis Oktober 2024, dem ursprünglichen Ende seiner Haftstrafe, nicht mehr reisen. Da schafft auch sein vorbildliches Verhalten im Gefängnis nicht unbedingt Abhilfe.
Promi-Jurist Paul Vogel (48) sorgt gegenüber der «Bild» für Klarheit: «Es ist auf jeden Fall hilfreicher, als wenn jemand ein schlechtes Bild abgegeben hat. Allein sein Verhalten im Gefängnis reicht aber nicht aus, um die Voraussetzungen einer Rückkehr zu erhalten.»
Vogel sagt aber auch, dass die Aussagen Beckers im Sat.1-Interview in England noch Folgen haben könnte. Nicht für den ehemaligen Tennis-Profi, sondern für den Häftling, der ihn «umbringen wollte». Während die schlechten Verhältnisse im Wandsworth-Knast bekannt sind und wohl keine Konsequenzen haben werden, könne der angedeutete Mordversuch strafrechtlich relevant werden: «Hier kommt es auf die Umstände an. Sind diese halbwegs konkret und belegbar, erscheinen strafrechtliche Ermittlungen naheliegend.»
Tennisverband öffnet die Türen
Was Becker genau vorhat, weiss er selbst auch noch nicht. Sommers rät ihm, er solle «sich auf das konzentrieren, was er gut kann: Tennis-Kommentator, Trainer, seine medialen Auftritte».
Auch beim Deutschen Tennisbund (DTB) stünde die Türe offen. «Wir werden nach seiner Rückkehr nach Deutschland weiterhin einen engen Austausch mit ihm haben», teilte der Verband der Deutschen Presse-Agentur mit. (che)