Novak Djokovic muss sich mit seinem 100. Turniersieg auf der Tour weiter gedulden. Der junge Tscheche Jakub Mensik bezwingt den Serben im Final des ATP-1000-Turniers in Miami.
7:6 (7:4), 7:6 (7:4) zugunsten von Mensik lautet das Ergebnis des Finals, der wegen Regens mit fast sechs Stunden Verspätung begonnen hat. Die lange Wartezeit macht dem 19-jährigen Überraschungsmann aus Prostejov anscheinend überhaupt nichts aus. Von Nervosität ist beim Teenager im Generationenduell gegen den 37-jährigen Grossmeister rein gar nichts auszumachen.
Es ist wahrhaft ein Aufeinandertreffen zweier Generationen, das mit dem grössten Altersunterschied in einem Final der Turnier-Serie 1000. Als Mensik zur Welt kam, gehörte Djokovic bereits zu den weltbesten 100 Spielern.
«Ich weiss gar nicht, was ich sagen soll. Es fühlt sich unglaublich an», sagt Mensik nach seiner neuerlichen Grosstat im Interview auf Platz. «Es ist wahrscheinlich der grösste Tag meines Lebens. Ich denke, die Gefühle kommen später.» Die Gedanken daran, was er da vollbracht hat, werden mit Sicherheit kommen. Er hat nicht nur sein Idol bezwungen. Er hat mit seinem ersten Sieg gegen Djokovic, gegen den er im vergangenen Oktober in Schanghai ebenfalls in einem Turnier der Kategorie 1000 im Viertelfinal verloren hatte, auch ein weiteres Kapitel Tennis-Geschichte (vorerst) verhindert.
Das lange Warten
Für Djokovic geht das Warten auf den Eintritt in den «Hunderter-Klub» auch acht Monate nach seinem letzten Triumph, jenem bei den Olympischen Spielen in Paris, weiter. Diesem erlauchten Kreis gehören bislang erst zwei Spieler an, nämlich der Amerikaner Jimmy Connors mit 109 und Roger Federer mit 103 Turniersiegen. Vereitelt hat Mensik auch eine weitere Bestmarke seines Finalgegners. Djokovic hätte mit einem siebten Triumph zum alleinigen Rekordgewinner in Miami werden können. Stattdessen teilt er sich diesen Spitzenplatz weiterhin mit Connors' Landsmann Andre Agassi.
Mensik schwingt auf ATP-Ebene zum ersten Mal obenaus. Er bestritt zuvor erst einen Final – jenen hatte er im Februar vergangenen Jahres beim ATP-250-Turnier in Katars Hauptstadt Doha gegen den Russen Karen Chatschanow verloren. Mit seiner Premiere macht er sich zum ersten tschechischen Gewinner eines Events der zweithöchsten Kategorie seit fast 20 Jahren und dem Triumph von Tomas Berdych in Paris-Bercy.
Der starke Service
Mensik verdankt seinen Coup vorab einer neuerlich brillanten Aufschlagsleistung. Gemäss Statistik gewinnt er 77 Prozent seiner Punkte mit dem ersten Service. Derart hat er in den vorangegangenen Tagen unter anderen auch den Briten Jack Draper, den Gewinner des ATP-1000-Turniers zwei Wochen zuvor in Indian Wells, in der zweiten Runde und den Amerikaner Taylor Fritz, die Nummer 4 der Welt, im Halbfinal geschlagen.
Dass Mensik seinen wunderbaren Lauf in Florida dank zwei im Final gewonnenen Tiebreaks krönt, überrascht nicht wirklich – auch wenn er einem Kontrahenten gegenüberstand, der gemäss den Statistikern mit 66 Prozent die beste Gewinnquote aller Zeiten in den Kurzentscheidungen ausweist. Mensik seinerseits hat in den Tagen zuvor schon die fünf gespielten Tiebreaks ausnahmslos für sich entschieden.
Der Grosserfolg schlägt sich natürlich auch im Ranking nieder. Mensik stösst in der neuen Weltrangliste von Position 54 auf Platz 24 vor. Vor zwei Jahren war er noch die Nummer 390.