Nächste Runde im Schwergewichts-Kampf zwischen FIS-Boss Johan Eliasch (61) und dem Schweizer Verbandschef Urs Lehmann (54). Kurz vor Dienstagmittag geht ein Communiqué der FIS-Pressestelle raus. Der Inhalt: ziemlich happig. Die FIS wirft Lehmann «unethisches Verhalten» vor.
Konkret: Es geht um die «jüngste Kritik von Urs Lehmann, Präsident von Swiss Ski und Mitglied des FIS-Councils in Bezug auf die Erstellung des Rennkalenders», heisst es in dem Schreiben. Lehmann habe sich kritisch zur Erstellung des Weltcup-Rennkalenders geäussert. Man wolle festhalten: «Alle Kalender werden vom FIS-Council beschlossen. Der aktuelle Saisonkalender 2023/24 wurde vom FIS-Council, dem auch Urs Lehmann angehört, einstimmig genehmigt.»
«FIS verurteilt unethisches Verhalten aufs Schärfste»
Es sei «nach den Absagen vieler Abfahrten zu Beginn dieser Saison der ausdrückliche Wunsch der Athleten und ihrer Betreuerteams» gewesen, neue Termine zu finden. «Die Entscheidung, ein Rennen in Wengen hinzuzufügen, wurde gemeinsam mit den Cheftrainern der Nationalmannschaften getroffen.»
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Darum verurteile «die FIS ein solches unethisches Verhalten auf das Schärfste», schreibt der Ski-Weltverband weiter. «Ein Ratsmitglied hat die Pflicht, integer und im besten Interesse der FIS zu handeln.»
Das Problem: Lehmann kritisierte die Wengen-Rennen gar nicht
Der Haken: Lehmann schloss sich in Wengen nicht dem Chor der Kritiker an, die die Ansetzung von drei Speedrennen in Folge am Lauberhorn für zu gefährlich erklärten. Der Schweizer Verbandsboss wies vielmehr darauf hin, dass sich alle im Weltcup gewünscht hätten, dass die Rennen, die in Zermatt und Beaver Creek Anfang Winter ausgefallen waren, nachgeholt werden können. Mit dem Schweizer Skiverband hatte er Hand geboten, eines der nachzuholenden Rennen im Berner Oberland auszutragen, was am vergangenen Donnerstag auch geschah.
Was Lehmann aber tat: Er gab dem Westschweizer Onlineportal skiactu.ch ein Interview, wo er FIS-Boss Johan Eliasch kritisierte, ohne ihn beim Namen zu nennen. «Wir müssen darüber nachdenken, wer den Kalender macht», sagt er da. «Im Moment hält man sich hier nicht an die vorgesehenen Verfahren. Im Moment macht es eine Person von zu Hause aus», sagte Lehmann – und meinte damit wohl Eliasch. Was ihm sauer aufstösst: «Aus den Nachrichten habe ich erfahren, dass Sun Valley (USA) die Weltcup-Finals 2025, 2028 und 2030 austragen wird. Ich hatte noch nie etwas davon gehört. Und niemand von der FIS war jemals dort. Und das habe ich so erfahren, aus der Ferne. Das ist das Problem.»
Welche Konsequenzen drohen Lehmann nun?
Die Blick-Nachfrage bei der FIS zeigt: Es sind tatsächlich diese Aussagen, die dem Weltverband sauer aufstossen – und man bezieht sie auch auf die aktuelle Saison. «Urs Lehmann ist ein Mitglied des FIS-Councils und hat den Kalender 2023/24 ohne Vorbehalte akzeptiert. Jetzt hat er die FIS für eine Kalender-Entscheidung kritisiert, die er davor gutgeheissen hatte. Die FIS verurteilt ein solches unaufrichtiges Verhalten und ist der Meinung, dass Urs Lehmann, ein Mitglied des FIS-Rates, damit unethisch gehandelt hat.» Unklar ist, welche Konsequenzen Lehmann nun drohen könnten. Eine Blick-Nachfrage dazu bleibt vorerst unbeantwortet. «Wenn der Geist des Miteinanders regelmässig durch Einseitigkeit oder Machtspiele untergraben wird, leiden wir alle», heisst es im öffentlichen Statement einzig. «Unser Sport leidet darunter. Darum wird sich die FIS immer gegen solche Anschuldigungen wehren.»
Der Schweizer Verbands-Boss mag auf den FIS-Angriff seinerseits nicht volles Rohr zurückschiessen. «Ich nehme das zur Kenntnis», sagt Lehmann am Telefon zu Blick. «Meine Kritik hat sich auf Sun Valley bezogen und auf die generelle Kalenderplanung. Die ist in den letzten Jahren nicht immer so gemacht worden wie zuvor. Das ist nicht gut fürs System. Dazu stehe ich.»
Zur Kritik am vermeintlichen Weltcup-Finale in Sun Valley (USA) 2025 sagt die FIS: «Es wurden noch keine Rennen festgelegt – und werden auch nicht festgelegt, bis das FIS-Council diese Rennen genehmigt hat. Der FIS-Kalender wird vom FIS-Council nach einem strengen Verfahren beschlossen, an dem Renndirektoren, FIS-Mitarbeiter, NSAs, Organisatoren und viele andere beteiligt sind. Urs Lehmann ist sich dieser Verfahren sehr wohl bewusst, eine Tatsache, die die Beweggründe für seine aktuelle Aussage infrage stellt.»