1. Werden wir wieder die Ski-Nation Nummer 1?

Ich erwarte, dass die Schweiz wieder klar die Welt-Nummer 1 im alpinen Skirennsport wird. Der Rückblick zeigt, dass Österreich diese Wertung zwar nicht unverdient gewonnen, aber die Schweiz diesen fürs Image wichtigen Titel an bloss zwei Renntagen leichtsinnig verloren hat: Den Parallel-Wettbewerb hat man nicht zur Genüge ausgenützt. Österreich knöpfte uns dort 237 der am Schluss fehlenden 257 Punkte ab. Das geschieht in dieser Saison nicht mehr. Die restlichen Punkte gingen im zweiten Slalom in Garmisch verloren. Dort haben unsere Slalom-Asse nach hervorragenden ersten Läufen im Zweiten versagt.

2. Wer hat die stärkeren Leader?

Wir haben eindeutig die besseren Topathleten und -athletinnen. Während in Österreich 50 Prozent der Gesamtpunktzahl von den besten fünf Athleten gehamstert wurde, fuhren für die Schweiz die Top 5 77 Prozent der Zähler ein.

3. Er war der Mann der letzten Saison: Wie stark ist Marco Odermatt, Ausgabe 22/23?

Ein Gesamtweltcup-Triumph von Odermatt darf für uns alle keine Selbstverständlichkeit sein, niemals. Aber die Wahrscheinlichkeit ist in seinem Fall sehr hoch. Im Moment sehe ich nur einen, der ihm über drei Disziplinen das Wasser reichen kann: Aleksander Aamodt Kilde. Vorausgesetzt, dass er den angesagten Fortschritt im Riesen auch umsetzen kann. Henrik Kristoffersen wird sich auf einzelne Rennen im Riesen und Slalom konzentrieren. Alexis Pinturault ebenso. Irgendwie schien mir sein Heisshunger auf den Gesamtsieg schon im letzten Winter gesättigt.

Sven Thomann

Alle Infos zur Ski-Saison 2022/23

Jetzt wird wieder durch den Stangenwald getanzt und die Abfahrtspisten runter gedonnert. Hier findest du alles, was du über die neue Ski-Saison wissen musst.

Sven Thomann

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4. Und bei den Frauen?

Hier erwarte ich die neue, alte Mikaela Shiffrin als Hauptfavoritin. Klar hat sie es in erster Linie mit einer zähen Rennmaschine als Gegnerin zu tun: Petra Vlhova ist in allen Disziplinen fähig, gross zu punkten. Wie Shiffrin auch. Aber eben, Shiffrin ist die beste Skifahrerin. Aufgepasst auf Lara Gut-Behrami! Frisch aufgetankt, startet sie in eine Saison ohne Wenn und Aber, bereit, in drei Disziplinen zu siegen. Sie hat alles gewonnen, was es im alpinen Skirennsport zu gewinnen gibt. Nun gilt nur noch die Kür. Erfreulicherweise wird auch Michelle Gisin bei diesem Kampf mitmischen können. Auch sie ist gesundheitlich besser drauf als letzte Saison. Aber als Erstes gilt es für sie, Einzelrennen zu gewinnen.

5. Das Jahr der Bestätigung: Leiden unsere Gold-Stars am Olympiablues?

Das glaube ich kaum. An der WM im Februar in Courchevel-Méribel (Fr) geht die Schweiz mit zwei Titelverteidigerinnen (Suter, Abfahrt und Gut-Berahmi, Super-G und Riesen) an den WM-Start, beide auch mit Olympiagold geschmückt. Ebenso Gisin (Kombi), Feuz (Abfahrt) und Odermatt (Riesen). Natürlich stellt sich die Frage nach der Bestätigung oder der Sättigung nach dem ultimativen Triumph. Doch egal wie alt sie sind, wie lange sie schon an der Spitze waren: So wie ich sie einschätze, sind sie waschechte Spitzensportler und bereit, alles dem Erfolg zu unterstellen und am Tag X der oder die beste der Welt zu sein.

6. Was kommt hinter den Schweizer Top-Shots?

Im Gegensatz zu Österreich oder auch anderen Nationen gibt es bei uns im mittleren bis hinteren Bereich der Resultat-Listen doch einige Lücken. In der Männerabfahrt ist Beat Feuz zwar eine Bank und Niels Hintermann kann jederzeit aufs Podest fahren. Dahinter aber kämpfen die Jungen um den Anschluss. An Talenten fehlt es zwar nicht, aber allzu lange darf man nicht nur talentiert bleiben. Die Männer-Slalom-Truppe zählte noch vor einem Jahr zu den besten der Welt. Ich habe keinen Zweifel, dass Yule, Meillard, Zenhäusern, Nef und Aerni wieder dort anknüpfen.

7. Revolutioniert der Hirscher-Ski den Weltcup?

Das aktuelle Zauberwort im Skizirkus heisst «Van Deer». Dahinter steht Österreich-Legende Marcel Hirscher. Dessen neue Skimarke will von 0 auf 100! Wer den grossartigen Techniker Hirscher in seinen Posts und seinen Trainings- und Testfahrten letzten Winter verfolgt hat, kann nicht zweifeln, dass die neuen Skis perfekt funktionieren. Da waren die Bretter aber an den Füssen von Marcel, nun sind sie an den Füssen von Henrik Kristoffersen! Beides Fahrer mit einem grossen Palmares, aber beide in Fahrweise und Kommunikation total verschieden. Das wird kein Selbstläufer. Aber spannend.

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