«Warum lebe ich?»
Ski-Ass Rast spricht über ihre schwere Depression

Camille Rast hat eine schwere Leidenszeit hinter sich. Das gibt sie in einem offenen Gespräch mit «Sportlerin» preis. Zwischenzeitlich fühlte sie sich «innerlich tot».
Publiziert: 12.04.2022 um 17:27 Uhr
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Aktualisiert: 13.04.2022 um 08:38 Uhr
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Camille Rast hat eine erfolgreiche Saison hinter sich.
Foto: keystone-sda.ch

Sie ist die Aufsteigerin der kürzlich abgelaufenen Wintersaison: Camille Rast. Besonders um die Jahreswende trumpfte die Technikerin gross auf. Im Slalom in Schladming im Januar erzielt sie mit Platz vier ihr bestes Weltcup-Ergebnis. Da die Unterwalliserin bereits 2016 ihr Weltcup-Debüt gab, geht manchmal vergessen, dass sie erst 22-jährig ist. Ein Versprechen für die Zukunft also.

Doch so zufrieden wie dieses Jahr hat Rast nicht immer auf die abgelaufene Saison zurückgeblickt. Das hat sie in einem Gespräch mit der Sportzeitschrift «Sportlerin» verraten. Rund um ihren 18. Geburtstag im Juli 2017 fühlt sie sich schwach und energielos. «Ich fühlte mich, als hätte ich eine schwere Grippe, war den ganzen Tag müde und hätte am liebsten nur noch geschlafen», schildert Rast. Wochen später erhält sie die Diagnose: Pfeiffersches Drüsenfieber. Es ist der Anfang einer dramatischen Zeit.

Rast fühlt sich «innerlich tot»

Zunächst denkt Rast, dass sie die Saison irgendwie über die Bühne bringt. Doch in ihr drin sieht es immer dunkler aus. Zwischenzeitlich denkt sie sogar daran, einen Sturz zu fabrizieren, um die Saison beenden zu können. «Keinen schlimmen, aber einen kleinen.» Schlicht zu gross seien die Strapazen gewesen. Ende Februar 2018 kapituliert sie. Sie bricht die Weltcupsaison frühzeitig ab. Es ist ihr alles zu viel. Sie fühlt sich «innerlich tot». Nach einem Europacup-Rennen fragt sie sich in einem Hotelzimmer: «Warum lebe ich? Wofür lebe ich? Was soll ich auf dieser Welt eigentlich machen? Und: Braucht es mich überhaupt hier?»

Die lebensfreudige Rast mag zu jener Zeit kaum mehr aus dem Bett steigen – und das im Alter von nur 18. Kein erstrebenswerter Zustand. Rückblickend sagt sie: «Alle reden beim Pfeifferschen Drüsenfieber immer davon, dass es lange gehen könne, bis man körperlich wieder fit sei. Niemand aber redet von den mentalen Aspekten, von Depressionen, die einen befallen.»

Langsam zurück an die Weltspitze

Unmittelbar nach dem vorzeitigen Saisonende begibt sich Rast in psychotherapeutische Behandlung in einem Genfer Spital. Auch Medikamente nimmt sie nach längerem Zögern ein. Im darauffolgenden Winter wagt sich die Walliserin wieder auf die Ski. Doch ihre Saison endet wieder mit einem Rückschlag. Sie wird im März von einem Kreuz- und Innenbandriss im März 2019 jäh ausgebremst.

Erst in der Saison 2020/21 schafft Rast die Rückkehr in den Ski-Zirkus. In jener Saison legt sie die Grundlage, um an die Weltspitze zu gelangen. In dieser Saison hat sie den Anschluss geschafft und ist für die lange Leidenszeit zumindest ein wenig belohnt worden. (cef)

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