Von Kriechmayr bis zum Herminator
Die grössten FIS-Aufreger der letzten Jahre

Nach der Aufregung um den Lauberhorn-Sieg von Ösi-Star Vincent Kriechmayr (30) wird allenthalben mal wieder über die FIS geschimpft. Nicht zum ersten Mal. Blick nennt eine Auswahl der grössten FIS-Aufreger.
Publiziert: 18.01.2022 um 00:49 Uhr
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Zagreb 2022: Victor Muffat-Jeandet (Bild) bricht sich bei miserablen Bedingungen den Knöchel.
Foto: AFP

Zagreb: Kurz vor dem Fall Kriechmayr kommt es zum Desaster von Zagreb. Zwei Slaloms stehen auf dem Programm, die Frauen sind als erste dran – und kämpfen sich durch ein Laubmeer. Als die Männer zwei Tage später ebenfalls antreten sollen, ist die Piste bei warmen Temperaturen in noch mieserem Zustand. Die Fahrer fluchen und schimpfen, der Franzose Victor Muffat-Jeandet bricht sich sogar den Knöchel. Erst nach 19 Fahrern wird das Rennen abgebrochen und nicht gewertet – und zwei Tage später steht schon der Riesen von Adelboden auf dem Programm.

Killington: Beim US-Rennen Ende November 2021 wirds kurios: Der Frauen-Riesen von Killington wird trotz starkem Wind gestartet, obwohl die Bedingungen offensichtlich nicht regulär sind. Erst als Mikaela Shiffrin im Ziel ist, wird die Übung nach neun Fahrerinnen abgeblasen.

Cortina: Die WM vor einem Jahr treibt eine Reihe von Blüten. Der unrühmliche Höhepunkt: Das Parallelrennen, bei dem die beiden Kurse so unterschiedlich sind, dass von einem fairen Wettbewerb keine Rede sein kann. Fast noch schlimmer: Den Sommer über schafft es die FIS nicht, das Reglement anzupassen, um derartige Lotterien künftig zu verhindern.

Kitzbühel: Auf der Streif kommts 2021 zum Horror-Sturz. Beim Zielsprung erwischt es Urs Kryenbühl fürchterlich, er knallt kopfvoran auf den Schnee, zieht sich bei seinem Sturz eine Gehirnerschütterung, einen Bruch des rechten Schlüsselbeines sowie einen Riss des Kreuz- und Innenbandes im rechten Knie zu. Das Problem: In den Tagen zuvor war bereits moniert worden, dass der Sprung zu weit gehe und zu gefährlich sei. Passiert war nichts.

In den Jahrzehnten davor waren die Regelhüter da zum Teil strenger. Aufgeregt hat sich die Ski-Welt dennoch. Und zwar nicht zu knapp:

Val d'Isère I: Österreichs neuer Ski-Heiland Hermann Maier schwingt im Dezember 1997 beim Riesen in Val-d’Isère im Ziel mit überlegener Bestzeit vor dem Berner Oberländer Mike von Grünigen ab. Bevor er nach der Ziellinie die rote Sicherheitslinie im Auslauf überquert, hält er an, schnallt einen Ski ab, denn er dann triumphierend in die Höhe streckt. Der legendäre Davoser Pauli Accola beobachtet die Szene in der Coaching-Zone und brummelt: «Nun bin ich gespannt, was passieren wird.» Der Gesamt-Weltcupsieger der Saison 1991/92 gehört offensichtlich zu den wenigen Regelkundigen und weiss deshalb, dass man die Ski erst nach dieser roten Linie abschnallen darf. Nach dem Input von Accola legt die Schweizer Teamleitung Protest ein und kommt damit auch durch. Der Herminator wird disqualifiziert, von Grünigen erbt den Sieg. Während in den Medien in den Tagen danach ein regelrechter Ski-Krieg zwischen der Schweiz und Österreich tobt, reagiert Maier ziemlich cool: «Es ist offensichtlich so, dass mich die Schweizer nur so stoppen können!»

Val d'Isère II: 17. Dezember 2000: Wieder wird Hermann Maier in Val-d’Isère disqualifiziert und wieder ist es Mike von Grünigen, welcher davon profitieren kann. Was ist passiert? Maier hat vor dem ersten Durchgang die Laufbesichtigungszeit um 40 Sekunden überschritten. Der Doppel-Olympiasieger versucht sein Verhalten damit zu rechtfertigen, dass keine offizielle Uhr die Besichtigungszeit angezeigt habe. Der damalige FIS-Renndirektor Günter Hujara kennt aber kein Erbarmen mit dem Salzburger, der danach zuschauen muss, wie MvG das Rennen gewinnt.

Val d'Isère III: 11. Dezember 2005: Innerhalb von acht Jahren wird zum dritten Mal ein Hochkaräter von den FIS-Funktionären in Val-d’Isère disqualifiziert, zum ersten Mal erbt aber ein Österreicher von einem Schweizer. Der Reihe nach: Didier Defago feiert nach der Super-Kombination während einer Stunde seinen ersten Weltcupsieg. Doch nach der Materialkontrolle legt Mike Kertesz, der für den internationalen Skiverband die Messungen vornimmt, sein Veto ein. Grund: Die Bindungsplatte des Wallisers ist um 0,17 Milimeter zu hoch. Erlaubt ist eine Plattenhöhe von 55 Millimeter. Der damalige Schweizer Cheftrainer Martin Rufener kommt bei seiner Nachmessung mit der Schublehre auf die erlaubte Höhe von 54,97. Er hat aber im Gegensatz zu Kertesz die Schublehre nicht über den ganzen Bindungsaufsatz durchgezogen. Somit beharrt die Jury auf Defagos Disqualifikation, Michael Walchhofer rückt vom zweiten auf den ersten Platz vor. Martin Rufener will das nicht akzeptieren, weil man seiner Meinung nach im Zweifelsfall zu Gunsten des Athleten entscheiden müsste. «Aber nun hat man an Didier Défago ein Exempel statuiert», poltert der Berner Oberländer.

Lech: 9. Januar 1988: Beim Super-G in Lech regiert kurz nach dem Rennen die Überschwänglichkeit – mit Sigrid Wolf hat eine Österreicherin die Bestzeit in den Schnee gezaubert. Doch dann bemerkt der Zielraumchef der FIS, dass die Tirolerin ihre Startnummer unerlaubterweise mit einer Sicherheitsnadel fixiert hat. Deshalb wird plötzlich die zweitschnellste Engelbergerin Zoe Haas als Siegerin ausgerufen. Das Publikum tobt. Zwei Wochen später sind die Ösis aber wieder total euphorisiert, weil Sigrid Wolf in Calgary Gold im Olympia-Super-G einfährt.

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