Vincent Kriechmayrs Trainer Sepp Brunner kennt die Schweiz so gut wie kaum ein anderer Österreicher. 2001 coachte der gebürtige Steirer Sonja Nef zum WM-Titel im Riesenslalom, danach führte er die Trainingsgruppe mit Daniel Albrecht, Marc Berthod, Carlo Janka und Beat Feuz an die Weltspitze. Nach dem Abfahrts-Weltmeistertitel von Feuz bei der Heim WM 2017 trennte sich Swiss Ski von Brunner, seitdem ist der mittlerweile 62-Jährige als Abfahrts-Trainer der Österreicher tätig.
Und in dieser Funktion erlebt er am Samstag bei der Lauberhorn-Abfahrt eine unschöne Premiere. «Für mich waren die Schweizer bis dahin immer das fairste Ski-Publikum der Welt. Und deshalb traute ich meinen Ohren nicht, als ich während Kriechmayrs Siegesfahrt laute Buhrufe gehört habe», sagt Brunner.
SRF-Salzgeber massregelt die Fans
Pfiffe gibt es auch, als bei der Siegeszeremonie erstmals der Name Kriechmayr ausgerufen wird. SRF-Moderator Rainer Maria Salzgeber, der während den Lauberhorn-Rennen als Platzsprecher im Einsatz ist, legt aber sofort sein Veto ein: «Vincent kann nichts für die Entscheidung der FIS-Jury. Deshalb bitte ich euch, dass ihr tolle Leistung, die er im Rennen erbracht hat, entsprechend zu würdigen».
Und ab diesem Moment wird dann auch brav für Kriechmayr applaudiert. Mit einem richtig guten Gefühl haben Sepp und «Vinc» die Heimreise trotzdem nicht angetreten: «Ursprünglich wollte Vincent ja aufgrund von der Gefahr einer Corona-Infektion gar nicht bei dieser öffentlichen Siegerehrung teilnehmen. Doch weil er den sonst so tollen Schweizer Fans die Ehre erweisen wollte, hat er es dann aber dennoch getan. Entsprechend hart haben ihn dann diese Pfiffe getroffen.» Für Brunner steht fest, «dass sich die sonst so fachkundigen Schweizer Ski-Freunde in diesem Fall von den heftigen Reaktionen der Schweizer-Teamführung haben in die Irre führen lassen.»
Noch einmal sei es erwähnt: Die Proteste aus dem Schweizer Lager sind deshalb so heftig ausgefallen, weil die Jury um FIS-Renndirektor Markus Waldner Kriechmayr die Starterlaubnis für die beiden Abfahrten erteilt hat, obwohl dieser nach seiner Corona-Erkrankung erst nach den beiden Trainings in Wengen eingetroffen ist. Die Teamführung von Swiss Ski will sich nun nicht mehr zu diesem Fall äussern. Es wird lediglich mit Nachdruck festgehalten, dass die Kritik nie der Person Kriechmayr, sondern der Entscheidung der FIS gegolten habe.