Braathen verkündet sein Comeback als Brasilianer
1:12
Slalom-Ass will wieder fahren:Braathen verkündet sein Comeback als Brasilianer

Vom Norwegen-Zoff zum Comeback
Paradiesvogel Braathen ist zurück

Ab der kommenden Saison kehrt Lucas Braathen in den Skisport zurück. Doch wer ist dieser Paradiesvogel eigentlich, der einst Fussballer werden wollte, seine Nägel färbt und den Sport verändern will? Blick stellt ihn dir vor.
Publiziert: 09.03.2024 um 16:43 Uhr
|
Aktualisiert: 09.03.2024 um 16:44 Uhr
1/10
Lucas Braathen kehrt ab der kommenden Saison in den Ski-Weltcup zurück.
Foto: keystone-sda.ch
RMS_Portrait_AUTOR_1056.JPG
Björn LindroosRedaktor Sport und People

Der Skisport hat seinen bunten Vogel zurück.

132 Tage nach seinem überraschenden Rücktritt kündet Lucas Braathen (23) am Donnerstag sein Comeback in den Skizirkus an. Ab der kommenden Saison wird Braathen für Brasilien an den Start gehen. Doch wer ist eigentlich dieser schillernde Youngster, der das Fahrerlager mit seiner etwas anderen Art stets aufmischt?

Lucas Pinheiro Braathen kommt 2000 als Sohn einer brasilianischen Mutter und eines norwegischen Vaters in Norwegen zur Welt. Und der kleine Lucas ist zunächst vor allem etwas: ein Weltenbummler. Seine Eltern trennen sich, als er drei Jahre alt ist. Erst lebt er bei seiner Mutter in Brasilien, danach bei seinem Vater in Norwegen.

«Lernte, ich selbst zu sein»

Insgesamt zieht er in seinem Leben über 20 Mal um. Für Braathen nicht immer einfach: «Ich fühlte mich nie irgendwo daheim – nicht in einem Freundeskreis, nicht in einer Stadt, nicht in einer Schule. Kaum war ich irgendwo angekommen, zogen wir weiter», sagte er in einem Interview zu «The Red Bulletin».

Braathen erklärt, er sei früher überall der Aussenseiter gewesen und habe sich ständig versucht anzupassen. Als Kind litt er darunter, heute aber ist er dankbar: «Diese Zeit hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Ich verstand, dass es mir nichts bringt, mich immer neu anzupassen. Ich lernte, ich selbst zu sein.»

Ski statt Fussball

Dass Braathen sein Geld einst mit Skifahren verdienen würde, ist zunächst nicht der Plan. Der Traum des Bubs geht in eine andere Richtung: Er will – wie so ziemlich jeder brasilianische Junge – lieber Fussballer werden: «Ich wollte sein wie Ronaldinho», erinnert er sich. 

Die entscheidende Weichenstellung folgt nach dem Umzug nach Norwegen: Dank seines Vaters lernt Lucas Braathen Skifahren. Doch was heute sein Leben bestimmt, ist keine Liebe auf den ersten Blick: «Ich argumentierte, als Halbbrasilianer sei ich nicht für die Kälte gemacht», so Braathen.

In den Skisport verliebt

Dies ändert sich, als Braathen mit etwa acht Jahren eine Gruppe Rennfahrer am Berg beobachtet. Ihre Geschwindigkeit hätte ihn beeindruckt, erinnert sich Braathen, der danach von seinem Vater im Training angemeldet wird. Und dort verändert sich alles.

«In der Trainingsgruppe kamen Norwegerinnen und Norweger aus allen Landesteilen zusammen. Zum ersten Mal war ich nicht der Aussenseiter – alle waren Aussenseiter.» Da ist es um Braathen geschehen: «Auf einmal war es cool, anders zu sein. Darum verliebte ich mich in diesen Sport. Nicht wegen der blauen und roten Tore.»

Steiler Aufstieg

Endlich kann Lucas Braathen er selbst sein. Dafür begräbt er auch den Traum vom Fussballprofi. «Ich hörte mit Fussball auf. Ich hatte zwar bereits den Traum, der Beste der Welt zu werden. Aber ich wollte lieber der Beste der Welt in einem Sport sein, der mir erlaubt, ich selbst zu sein.»

Fortan gehts für das Ski-Talent steil bergauf. Am Skigymnasium in Oslo wird er ausgebildet, als 16-Jähriger fährt er sein erstes FIS-Rennen. Es folgen der erste Sieg, Medaillen an der Junioren-WM und das Weltcup-Debüt 2018 in Val d'Isère. 2020 kommt er mit seinem ersten Weltcupsieg dann so richtig auf der grossen Bühne an, ehe er 2023 den Slalom-Weltcup gewinnt und ganz vorne mitmischt.

Die Karriere-Stationen von Braathen

Weltcup-Debüt: 8. Dezember 2018, Slalom in Val d'Isère (Fr) – 26. Platz

Erster Weltcupsieg: 18. Oktober 2020 Riesenslalom in Sölden (Ö)

Weltcupeinsätze: 69 Rennen, fünf Siege, zwölf Podestplätze

Grösste Erfolge: kleine Kristallkugel im Slalom 2022/23; 4. Gesamtweltcup 2022/23, 7. Platz WM-Slalom 2023

Rücktritt: 27. Oktober 2023. Schon kurz darauf äussern Ski-Asse wie Marco Odermatt (26) die Vermutung, dass er bald unter brasilianischer Flagge zurückkehren wird.

Comeback-Ankündigung: 7. März 2024, fährt künftig für Brasilien.

Weltcup-Debüt: 8. Dezember 2018, Slalom in Val d'Isère (Fr) – 26. Platz

Erster Weltcupsieg: 18. Oktober 2020 Riesenslalom in Sölden (Ö)

Weltcupeinsätze: 69 Rennen, fünf Siege, zwölf Podestplätze

Grösste Erfolge: kleine Kristallkugel im Slalom 2022/23; 4. Gesamtweltcup 2022/23, 7. Platz WM-Slalom 2023

Rücktritt: 27. Oktober 2023. Schon kurz darauf äussern Ski-Asse wie Marco Odermatt (26) die Vermutung, dass er bald unter brasilianischer Flagge zurückkehren wird.

Comeback-Ankündigung: 7. März 2024, fährt künftig für Brasilien.

Braathen will inspirieren

Auch neben der Piste sticht Braathen stets heraus, ist anders als seine Konkurrenz. Der Norweger malt sich seine Fingernägel an und kleidet sich feminin. Wenn ihm etwas nicht passt, dann sagt er es. Ob in der Politik oder im Sport.

Andere zu inspirieren und nachhaltig etwas zu ändern, sei für ihn wichtiger als Resultate. «Ich möchte diesen Sport verändern – indem ich nur ich selbst bin. Ich will meine Persönlichkeit nicht einschränken müssen, nur weil das System es erwartet. Und wenn ich eine kleine Inspiration sein kann, damit der Sport etwas toleranter, farbenfroher und diverser wird – dann macht mich das viel zufriedener als jeder sportliche Sieg.»

Dass Braathen seine Worte auch in die Tat umsetzt, beweist er im Oktober 2023. Aus dem Nichts gibt er seinen Rücktritt bekannt. Grund dafür ist ein Streit mit dem norwegischen Skiverband. Braathen fühlt sich respektlos behandelt und «nicht mehr frei». Und Freiheit ist für den Paradiesvogel das oberste Gebot.

Model, DJ, Partys

Während der Ski-Zirkus rund um den Globus reist und den Kampf um die Kristallkugeln zelebriert, zieht sich Braathen zurück, probiert sich aus: Er geht an der Kopenhagen Fashion Week als Model über den Laufsteg, legt bei den Hahnenkamm-Rennen von Kitzbühel als DJ auf, feiert Partys und reist nach Brasilien. Die Freiheit ist zurück.

Ex-Ski-Ass (23) feiert sein Model-Debüt
0:44
Nach überraschendem Rücktritt:Ex-Ski-Ass (23) feiert sein Model-Debüt

Doch tief in Braathen schlummert eben immer noch ein Wettkämpfer. Im Verlauf der Saison sei es immer schwieriger geworden, Rennen zu schauen und nicht mehr Teil davon zu sein. «Ich bin nicht mehr jeden Tag aufgewacht, mit dem Ziel, der Beste zu werden», begründet er seinen Comeback-Entscheid. 

Ab der kommenden Saison will Braathen im brasilianischen Renndress wieder um Siege fahren. Der Weltcup wird dadurch spannender – vor allem aber: bunter und diverser.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?