So genial sie Skifährt, so sehr eckt sie auch an: Lara Gut-Behrami (32). Das sorgt bei einigen für Bewunderung, bei anderen für Kopfschütteln. Fakt ist: Die Tessinerin zählt schon jetzt zu den grössten Schweizer Fahrerinnen der Geschichte. Am Samstag will sie beim Saisonauftakt nach 2013 und 2016 ihren dritten Sieg auf dem Rettenbachgletscher oberhalb von Sölden (Ö) einfahren – sie ist unser Trumpf.
Für Trainer-Legende Karl Frehsner (84) ist es nicht überraschend, dass Gut-Behrami auch 15 Jahre nach ihrem Debüt noch ganz vorne mitmischt. «Sie wird auch 2033 noch um den Sieg kämpfen», witzelt er.
Dann wird der «Eiserne Karl» ernst: «Lara ist nach wie vor sehr gut. Warum? Weil sie nicht sagt: Jetzt kommt halt wieder ein Jahr. Nein, sie ist eine, die immer schaut, wo man etwas besser machen könnte. Sie hinterfragt alles und verschläft nichts. Das ist extrem wichtig, allerdings nicht immer angenehm für alle.»
Schlafen, essen, Skifahren – sonst nichts
Alle? Damit meint Frehsner nicht nur den Verband, sondern auch ihr Team und sogar ihre Familie. Gut-Behrami bestätigt: «Wenn ich mit 32 und 33 noch Ski fahre, dann weil ich bewusst und entschlossen Entscheidungen treffe. Da bin ich ziemlich radikal.»
Sie sei froh, dass ihr Umfeld dies akzeptiere und ihr helfe, so die Tessinerin. Die gemeinsame Freizeit bleibt dabei zuweilen auf der Strecke. Schlafen, essen, Skifahren – Gut-Behrami ist bereit, diesem Alltag alles unterzuordnen. «Meine Priorität ist, die ganze Saison gesund zu bleiben und gut zu fahren. Ich will meine Arbeit in gute Resultate ummünzen.»
Frehsner traut ihr auch in der Abfahrt Grosses zu
Eine weitere grosse Qualität kann Gut-Behrami in Sölden in die Waagschale werfen: Im Gegensatz zu vielen Konkurrentinnen macht sie das erste Rennen des Winters nicht nervös. Dafür hat sie schon zu viel erlebt, dafür steht sie längst mitten im Leben.
Frehsner traut Gut-Behrami zu, in dieser Saison auch Abfahrts-Königin Sofia Goggia (30, It) zu schlagen. «Warum nicht?», fragt er rhetorisch. Zwar habe Gut-Behrami gewichtsbedingt Nachteile in den Gleitpassagen, diese könne sie aber in den Kurven wieder ausmerzen. «Sie muss nicht auf der Goggia-Linie fahren, sondern ihr eigenes Ding machen.»
Frehsner ist überzeugt, dass Gut-Behrami dies tun wird. Und wie lange wird sie noch weiterfahren? «Lara fährt nicht einfach mit, sie will gewinnen. Wenn sie dies nicht mehr kann, hört sie auf.»
Vorerst scheint dies weit weg zu sein. Zur Erinnerung: Im letzten Winter stand Gut-Behrami neunmal auf dem Podest, dreimal gewann sie. Und sie holte die Super-G-Kristallkugel. Sölden kann kommen.