Auf einen Blick
- Lindsey Vonn plant Comeback im Skirennsport mit künstlichem Kniegelenk
- Abplanalp berichtet: Vonn zeigt Fortschritte und Entschlossenheit
- 82 Weltcupsiege in ihrer Karriere, muss FIS-Punkte für Rückkehr verbessern
Sie war fünf Jahre weg vom Fenster, hat seit dem letzten April ein künstliches Kniegelenk und feierte vor einem Monat ihren 40. Geburtstag. Und: Sie fest entschlossen, wieder in den Skirennsport zurückzukehren: Lindsey Vonn. Doch was heisst zurückkehren? Wer WM- und Olympiagold, dazu 82 Weltcupsiege gefeiert hat, will wohl nicht nur mitfahren, sondern aufs oberste Podest.
Bis dahin ist es ein langer Weg. Doch der Anfang ist gemacht: Vonn trainierte zuletzt mit dem US-Team in Copper Mountain (USA). «Lindsey ist super drauf. Auf der Piste, bei der Besichtigung, nach dem Training – sie war schon ganz die Alte, voll motiviert und auf die Aufgabe fokussiert. Ich habe sie sehr zufrieden und glücklich erlebt», berichtet Stefan Abplanalp. Der Berner Oberländer, der Vonn 2015 nach einer Verletzung als Coach zurück an die Weltspitze brachte, war bei Vonns Training in Colorado hautnah dabei. Dort betreut er die US-Abfahrerin Breezy Johnson (28), die wegen verpassten Dopingtests gesperrt worden war.
Vonn muss FIS-Punkte herunterdrücken
Am Montag habe Vonn Riesenslalom trainiert, am Dienstag stand dann Abfahrt auf dem Programm. «Mich hat beeindruckt, wie sie sich von Lauf zu Lauf gesteigert hat. Man konnte sehen, wie das Selbstvertrauen wuchs und die Entschlossenheit zunahm. Einige Kurven waren schon richtig gut», so der SRF-Experte. Bislang versuchte sich die ehemalige Speed-Queen in einfachem Gelände mit moderater Intensität. Das wird sich bald ändern. «Es gilt, herauszufinden, wie die Kräfte und Schläge in den Kurven auf das Knie wirken.»
Fakt ist auch, dass die Zeit drängt. Zumindest dann, wenn Vonn ihre Weltcup-Rückkehr tatsächlich für St. Moritz GR (21./22. Dezember) planen sollte. Denn: Im Gegensatz zu Marcel Hirscher (35, Ö), der ebenfalls ein viel beachtetes Comeback feierte, muss Vonn als Speed-Spezialistin zuerst ihre FIS-Punkte herunterdrücken. Erst danach kann ihr Verband eine Wildcard beantragen. In der Abfahrt hat sie derzeit 104 und im Super-G 93 FIS-Punkte. Wie will sie das schaffen?
Weltcup-Rückkehr in St. Moritz – oder erst 2025?
Gemäss Blick-Informationen sollen in Copper Mountain am 7. und 8. Dezember gleich vier FIS-Speed-Rennen angesetzt werden (zwei Super-G, zwei Abfahrten). Da man von einem starken Teilnehmerfeld ausgehen kann – das ermöglicht bessere Punkte – könnte Vonn ihr Ziel mit soliden Fahrten schon dort erreichen.
Doch wie sieht es danach aus? Abplanalp mahnt zur Vorsicht: «Eine Rückkehr in St. Moritz ist ein sehr sportliches Ziel.» Es ist also auch möglich, dass sie erst im neuen Jahr auf oberster Stufe fahren wird. Fix ist, dass Vonn in Beaver Creek (USA) Mitte Dezember als Vorfahrerin an den Start gehen möchte. Abplanalp: «Lindsey ist sehr ambitioniert und ich denke, sie wird erst in den Zirkus zurückkehren, wenn sie das Gefühl hat, mit den Besten mitzuhalten.»
«Sie weiss, wie man Rennen gewinnt»
Nicht alle glauben an ein Vonn-Märchen. Österreichs Ski-Legende Franz Klammer (70) zeigte gegenüber dem Portal Oe24 kein Verständnis für ihre Rückkehr. «Wenn sie das mit kaputtem Knie und der Prothese wirklich macht, hat sie einen Vollschuss», sagte er. Bernhard Russi (76) sprach im Blick von einem «absoluten No-Go» und Sonja Nef (52) meinte: «Mit 40 kannst du nicht so Vollgas geben – und mit einem künstlichen Kniegelenk schon gar nicht.»
Ob Vonns Knie mitmachen wird, weiss auch Abplanalp nicht. Er ist aber überzeugt, dass sie physisch bald wieder auf Top-Niveau sein kann. Mit Red Bull und dem US-Team habe Vonn zudem ein perfektes Umfeld. Er nennt einen weiteren, spannenden Punkt: «Der Sport hat sich in den letzten fünf Jahren nicht gross verändert. Das Material, die Strecken und das Tempo sind grundsätzlich identisch.» Vonn helfe sicher auch die immense Erfahrung von fast 400 Weltcuprennen, so Abplanalp. Und: «Sie weiss, wie man Rennen gewinnt.»