Montagvormittag in Flumserberg-Tannenheim SG: Es ist bewölkt, nur wenige Skifahrer tummeln sich auf den Pisten. Die wohl berühmteste Einwohnerin des Ski- und Wandergebiets, Marie-Theres «Maite» Nadig, wartet im Aparthotel Edy Bruggmann auf die Glücks-Post-Reporter. Am 8. März feiert die ehemalige Skirennfahrerin und Olympiasiegerin ihren 70. Geburtstag. «Heute bin ich eher die Schönwetter-Fahrerin», sagt sie. Und sie zieht die Sonne an! Der Himmel hellt beim anschliessenden Fotoshooting auf der Prodalp prompt auf.
Dieser Artikel wurde erstmals in der «Glückspost» veröffentlicht. Mehr aus der Welt der Schweizer Prominenz, Royals und Sportstars erfährst du immer montags in unserem Gratis-Newsletter! Zur Anmeldung
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Marie-Theres Nadig, Sie werden 70 Jahre alt. Wie fühlen Sie sich?
Marie-Theres Nadig: Das Alter ist nur eine Zahl. Wichtiger ist, dass ich körperlich und geistig fit bin. Manchmal fühle ich mich jünger, meine Gebrechen zeigen mir dann aber, dass ich doch älter bin (lacht). Aber es geht mir sehr gut, ich hatte ein schönes Leben. Ich kann nicht klagen.
Wie feiern Sie Ihren runden Geburtstag?
Ich lade meine Familie zum Essen ein. Wir sind fünf Geschwister. Ausser mir haben alle zwei bis drei Kinder. Und die wiederum haben auch schon Kinder. Hinzu kommen ein paar wenige Kolleginnen und Kollegen.
Sie haben keine eigene Familie. Fühlen Sie sich manchmal einsam?
Wenn man allein ist, muss man sein Leben selbst in die Hand nehmen und schauen, dass man nicht nur zu Hause rumsitzt. Manchmal ist das einfacher, manchmal schwieriger. Meistens bereitet es mir keine Probleme. Denn ich bin mir ein selbstbestimmtes Leben gewohnt. Mit einer Familie wäre das nicht möglich gewesen.
Was ist das Schöne am Älterwerden?
Der Horizont wird weiter, und man hat für gewisse Sachen mehr Verständnis. Oder auch weniger (lacht). Wenn man jünger ist, ist man eher auf sich und seine Umgebung fixiert.
Marie-Theres Nadig wurde am 8. März 1954 geboren. An den Olympischen Spielen 1972 in Sapporo (Japan), die auch als Weltmeisterschaften zählten, holte sie die Goldmedaillen in der Abfahrt und im Riesenslalom. Bei den Olympischen Spielen 1980 gewann sie Bronze in der Abfahrt. Bis zu ihrem Rücktritt 1981 feierte sie 24 Weltcupsiege und sicherte sich in ihrer letzten Saison den Gesamtweltcup. Nach ihrem Rücktritt war sie in Liechtenstein und in der Schweiz als Trainerin tätig. 2004 übernahm sie für ein Jahr das Amt der Cheftrainerin des Schweizer Frauenteams. Bis zu ihrer Pensionierung trainierte sie den Nachwuchs im Skiverband Sarganserland-Walensee. Maite Nadig wohnt in den Flumserbergen SG.
Marie-Theres Nadig wurde am 8. März 1954 geboren. An den Olympischen Spielen 1972 in Sapporo (Japan), die auch als Weltmeisterschaften zählten, holte sie die Goldmedaillen in der Abfahrt und im Riesenslalom. Bei den Olympischen Spielen 1980 gewann sie Bronze in der Abfahrt. Bis zu ihrem Rücktritt 1981 feierte sie 24 Weltcupsiege und sicherte sich in ihrer letzten Saison den Gesamtweltcup. Nach ihrem Rücktritt war sie in Liechtenstein und in der Schweiz als Trainerin tätig. 2004 übernahm sie für ein Jahr das Amt der Cheftrainerin des Schweizer Frauenteams. Bis zu ihrer Pensionierung trainierte sie den Nachwuchs im Skiverband Sarganserland-Walensee. Maite Nadig wohnt in den Flumserbergen SG.
Und was gefällt Ihnen nicht am Alter?
Da gibt es nichts. Ich finde das Älterwerden wirklich schön. Vor allem hier in der Schweiz mit der Altersvorsorge. Man darf aber nach der Pensionierung nicht einfach in den Tag hineinleben, sondern muss versuchen, ihm eine Struktur zu geben.
Gab es für Sie beruflich je eine Alternative zum Skifahren?
Etwas Handfestes, worauf ich zurückgreifen konnte, hatte ich nie. Das wollte ich aber auch nicht. Ich wollte auch nicht im Architekturbüro meines Vaters arbeiten. Skifahren war meine Passion.
1972 wurden Sie Doppel-Olympiasiegerin. Welche Bilder von Sapporo und Ihren Goldrennen haben Sie noch im Kopf?
Bei der Abfahrt gab es einen prägnanten, schwierigen Zielhang. Nach einer grossen Kurve ging es steil bergab. Und im Riesenslalom war das Wetter fürchterlich. Vor dem Rennen hat ein Servicemann den «HD Läppli» gemacht. Wir haben vor dem Start gelacht und damit die anderen genervt. Das olympische Dorf war etwas völlig Neues für mich und hat mich sehr beeindruckt. Ich war damals 17 und vorher nicht oft im Ausland. Die Japaner sahen für mich alle gleich aus. Ich dachte, das seien alles Geschwister (lacht). Die Japaner sind sehr anständig, zeigen aber wenig Emotionen.
Nach Ihrer Rückkehr in die Schweiz war der Rummel gross. Können Sie sich daran erinnern?
Nach Japan flogen wir in die USA. Der ganze Trip dauerte rund zwei Monate. Bei der Rückkehr in die Schweiz war ich müde und wollte nur noch zu meinen Eltern. Aber am Flughafen gab es einen Empfang, an dem Bundespräsident Nello Celio eine Rede hielt. Mein Trainer gab mir einen Kaugummi. Den kaute ich, und der Kameramann zoomte gross auf mein Gesicht. So wurde ich vom «Monats-Schätzchen» zum «Monats-Ärger» und später zum «Jahres-Ärger». Mir machte das aber nichts aus, weil ich sowieso nie in der Öffentlichkeit stehen wollte. Ich wollte einfach nur Ski fahren.
Sie fuhren nicht nur Ski, sondern spielten auch beim FCZ Fussball. Wie kam es dazu?
Ich spielte an den Wochenenden oft mit Jungs Fussball. Bei einem Interview sagte ich einst, dass mein Hobby Fussball sei. Bei einem Exerzitium lernte ich eine Toggenburgerin kennen, die beim FC Zürich tätig war. So entstand der Kontakt. Der damalige Präsident des FCZ, Edi Nägeli, fragte mich dann, ob ich bei ihnen spielen wolle. So fuhr ich dann dreimal pro Woche nach Zürich.
Sie waren weltweit die erste Trainerin und Cheftrainerin. Mit welchen Vorurteilen sahen Sie sich konfrontiert?
Mit einigen. So hiess es beispielsweise, dass Frauen keine Stangen tragen und deshalb keine Läufe stecken könnten. Oder dass ich kein Auge für Distanzen hätte und nicht nach draussen könne, wenn es kalt sei. Und ich wurde oft auf den Doppel-Olympiasieg reduziert. Es hiess, dass eine gute Skifahrerin noch lange keine gute Trainerin ist. Mich hat das aber angestachelt, ich wollte es den Männern zeigen.
Und es gelang Ihnen, sich in dieser Männerdomäne zu behaupten.
Es war nicht einfach. Aber ich bin resolut und lasse mir nicht alles bieten. Ich habe den Männern bewiesen, dass ich es kann und wurde dann auch akzeptiert. Auch mit den Fahrern hatte ich es gut.
Sie waren bis zu Ihrer Pensionierung vor sechs Jahren Trainerin. War es schwierig, loszulassen?
Nein, im Gegenteil. Am Schluss war ich müde. Ich habe immer versucht, das Beste aus den Athletinnen und Athleten herauszukitzeln und wollte diese möglichst weit bringen. Meist hatte ich nur drei Wochen Pause. Das hat mich schon aufgefressen. Aber ich bin froh, dass ich diesen Job ausüben durfte.
Wie geniessen Sie Ihre Pensionierung?
Im Winter gehe ich bei schönem Wetter Ski fahren. Ausser am Wochenende und in der Ferienzeit, da hat es mir zu viele Leute. Um 8 Uhr, wenn die Bahnen öffnen, gehe ich raus und fahre los. Um 10 Uhr gibts einen Kafi, am Mittag bin ich wieder zu Hause. Am Nachmittag gehe ich langlaufen, laufen, Tennis spielen oder treffe mich mit Kollegen. Ich bin gerne in der Natur. Nur das Velofahren ist nicht so meins, das ist mir zu gefährlich. Früher habe ich meinem Bruder im Sportgeschäft geholfen. Ich habe immer etwas zu tun, es wird mir nicht langweilig.
Schauen Sie sich die Skirennen im TV an?
Ab und zu. Am Anfang brauchte ich etwas Distanz. Wenn ich schaue, dann aus dem Blickwinkel einer Trainerin: Was hat sich verändert, wie fahren die Athleten?
Wie hat sich denn der Sport verändert?
Wir hatten keine taillierten Ski, keine Kippstangen und keinen Super-G. Die Pisten wurden so belassen, wie sie waren, und wir mussten uns anpassen. Heute wird viel mehr Wert darauf gelegt, dass alle, vom ersten bis zum letzten Fahrer, eine gute Piste haben. Auch beim Material wird mehr getüftelt. Dieses ist heute so gut, dass man sich verletzen kann, wenn man nicht richtig auf den Ski steht.
Sind die vielen Stürze der laufenden Saison darauf zurückzuführen?
Die Sponsoren stellen Ansprüche. So ist zum Beispiel das Startintervall heute grösser als früher. Früher wurden die Fahrerinnen im Minutentakt auf die Strecke geschickt, heute alle anderthalb oder zwei Minuten. Dadurch dauern die Rennen länger. Um viel Publikum zu erreichen, finden die Rennen jeweils am Wochenende zu einer bestimmten Uhrzeit statt. Also wird das Programm – und die Fahrer – gedrängt. Meist gibt es nur ein Abfahrtstraining. Wir hatten drei. Und nicht jeder hat den Stresslevel so hoch oben, dass er damit umgehen kann. Hinzu kommen die Viren und dass einige auf allen Hochzeiten tanzen wollen.
Über Ihr Privatleben ist wenig bekannt. Wie leben Sie heute?
Ich lebe allein in einer kleinen, gemütlichen Wohnung im Haus meines Neffen. Und damit bin ich sehr zufrieden. Ich bin nicht so oft daheim. Das Schönste ist für mich, wenn ich in der Natur sein kann.
Gibt es etwas, was Sie bereuen?
Bereuen nicht, aber vielleicht hätte ich manchmal etwas diplomatischer sein können. Aber ich war immer mich selbst und habe mich nicht verstellt.
Haben Sie noch Träume?
Das wäre ja furchtbar, wenn man keine Träume mehr hätte (lacht). Eine grössere Reise nach Amerika oder Südamerika würde ich schon gerne noch machen. Aber mal schauen, was kommt.