Der grosse Absteiger
Im vergangenen Winter hat Ramon Zenhäusern (31) bei zwei Weltcup-Slaloms triumphiert (Chamonix und Soldeu), aktuell passt beim 2,02 Meter-Riesen aus dem Oberwallis aber rein gar nichts zusammen. Der 31-Jährige hat sich in diesem Winter noch kein einziges Mal in den Top Ten klassiert. Und nach dem Ausfall beim Aspen-Slalom muss der Silbermedaillengewinner vom Olympia-Slalom 2018 sogar um die Teilnahme beim Weltcup-Final in Saalbach (A) zittern. Vor dem vorletzten Slalom in Kranjska Gora (Slo) liegt Zenhäusern im «Zickzack»-Ranking auf dem 27. Platz, beim Finale dürfen nur die Top 25 plus der Junioren-Weltmeister starten. Das grösste Problem vom «Doppelmeter»: Seine Rückenbeschwerden lassen zwischen den Wettkämpfen nur wenige Trainingsfahrten zu!
Der beste Durchblick
Was Federica Brignone (33) beim Super-G am Sonntag von Kvitfjell zeigt, ist schlicht brillant. Die Italienerin hat beim Nebel-Chaos die bei weitem schlechtesten Sichtbedingungen, fährt aber die mutigste Linie von allen. Das wird mit dem Sieg belohnt. Trotzdem dürfte Brignone im Vergleich mit Lara Gut-Behrami (32) den Kürzeren ziehen: Sie liegt im Super-G-Weltcup 74 Punkte hinter ihr und auch im Gesamtweltcup ist der Zug wohl abgefahren – Brignone hat 326 Zähler Rückstand auf die Tessinerin.
Der neue Hoffnungsträger
Im Sog von Superstar Marco Odermatt (26) kommt der Bündner Fadri Janutin (24) der Weltspitze immer näher. In Aspen fährt der gelernte Dachdecker aus Landquart als 14. sein bestes Ergebnis bei einem Weltcup-Riesenslalom ein. Weil er am Samstag in den Top 15 der Mann mit der höchsten Startnummer war (30), erhielt der 24-Jährige vom Veranstalter eine Extraprämie von 5000 Dollar. Aussergewöhnlich: Der Junioren Vize-Weltmeister von 2021 gibt seinen Rennski die Namen von Popstars. Der schnellste Riesen-Ski von Janutin heisst Falco.
Der frechste Fan
Die vielen und langen Unterbrechungen in Kvitfjell dürften manchem Ski-Fan vor dem TV den Zahn gezogen haben. Vor Ort dagegen stört sich kaum einer daran: Es wird getanzt, gegessen, gelacht, geschlittelt. Alles Friede, Freude, Eierkuchen also? Nein! Ein Knirps zeigt dem Kameramann den Stinkefinger, als dieser ihn in der Live-Übertragung ins beste Licht rücken will. Das SRF-Kommentatoren-Duo kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Men Marugg sagt: «Kleiner Spassvogel!» Und Stefan Abplanalp meint: «Der hats der Kamera aber gezeigt!»
Die starken Exoten
Auf der jüngsten Nordamerika-Tour kommen einige Athleten aus kleinen Alpin-Nationen gross heraus: Louis Muhlen-Schulte (25) gewinnt als 27. die ersten Riesenslalom-Weltcuppunkte in der Geschichte des australischen Ski-Verbands, der Litauer Andrej Drukarov (24), der in Luzern Rechtswissenschaft studiert, schafft in Aspen zum wiederholten Mal den Sprung in die Top 30. Im Slalom klassiert sich neben Dave Ryding (37, 7.) mit Laurie Taylor (28, 8.) ein weiterer Brite unter den besten zehn, der Spanier Juan Del Campo (29, 17.) taucht erstmals in den Top 20 auf.
Das schönste Märchen
22 Rennen schaffte es Lauren Macuga (21, ausgesprochen: Massuga) nicht in die Top 10 eines Weltcuprennens. Das ändert sich an diesem Wochenende – und wie! Die Amerikanerin rast auf die Ränge 5 und 7 und kommt aus dem Strahlen nicht mehr heraus. Vor allem am Sonntag sitzt sie wegen der langen Pausen lange auf dem Sitz der Führenden und meint: «Es ist für mich das erste Mal. Das war schon immer mein Ziel – super, dass es nun geklappt hat.» Ihren Namen sollte man sich merken.
Die Boykott-Drohung
ÖSV-Generalsekretär Christian Scherer ist nach einem längeren Gespräch mit FIS-Präsident Johan Eliasch ziemlich mies gelaunt. Warum? Scherer gehört zu den grössten Gegnern des Speed-Auftakts in Zermatt-Cervinia, Eliasch hat dem Tiroler aber klargemacht, dass die FIS, Swiss-Ski sowie der italienische Verband auch im nächsten November zwei Männer- und zwei Frauen-Abfahrten in der Matterhorn-Region ansetzen wollen. «Ich habe Eliasch deshalb darauf hingewiesen, dass sich die Top-Athleten klar gegen die Matterhorn-Rennen im November ausgesprochen haben. Sie sind wie wir vom ÖSV der Meinung, dass man hier zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Wetterlage stabiler ist, fahren sollte. Meines Erachtens darf die Meinung der Rennfahrer nicht ignoriert werden», poltert Scherer im ORF. Österreichs Abfahrts-Chef Sepp Brunner legt im Gespräch mit Blick nach: «Ich kann mir gut vorstellen, dass ein Grossteil der Athleten die Rennen in Zermatt boykottieren werden!»
Suter? Ja, aber diesmal Jasmina
Sie steht unter Druck, hält diesem aber stand: Jasmina Suter (28) verteidigt ihren 25. Platz in der Disziplinen-Wertung und darf beim Weltcup-Finale an den Start gehen. Selbstverständlich ist dies nicht, kehrte Suter doch in diesem Winter von einem Kreuzbandriss zurück. Damit ist der Name Suter in Saalbach vertreten! Schliesslich weilt Speed-Ass Corinne Suter (29) nach ihrem Kreuzbandriss auf den Malediven und Juliana Suter (25, Jasminas Schwester) hat mitten in der Saison den Rücktritt gegeben.
Die Riesen-Serie
Marco Odermatt gewinnt in Aspen die beiden Riesenslaloms vor seinem Teamkollegen Loïc Meillard (27) und ist damit in dieser Sparte seit elf Rennen ungeschlagen. Blick-Experte Bernhard Russi macht aber deutlich, dass der Walliser Meillard den Superstar vom Vierwaldstättersee in Colorado hätte schlagen müssen: «Marco hat in beiden Aspen-Riesen Fehler begangen, wie man sie von ihm ganz lange nicht gesehen hat. Aber weil er im letzten Abschnitt jeweils seine überragenden Sprinter-Qualitäten ausgepackt hat und Loïc zu brav gefahren ist, hat er seine unglaubliche Erfolgsserie fortsetzen können.» Damit fehlen Odermatt im Riesenslalom nur noch drei Triumphe bis zum Rekord vom Schweden Ingemar Stenmark (67), der zwischen 1978 und 1980 14 Weltcup-Riesen hintereinander gewann. Und weil es im Slalom keinen Marco Odermatt gibt, darf sich zum Abschluss der Aspen-Rennen auch Meillard über einen Sieg freuen.