Die früher so erfolgsverwöhnten österreichischen Skirennfahrer sind im neuen Winter noch nicht so richtig in die Gänge gekommen. Während es bei den Speedrennen in Val-d’Isère durch Otmar Striedinger und Christian Walder immerhin zwei Podestplätze gab, gingen die Techniker bei den ersten vier Riesenslaloms komplett leer aus.
Klar, dass der Druck auf die ÖSV-Stars von Rennen zu Rennen zunimmt. Insbesondere bei Manuel Feller: Dem Silbermedaillengewinner der WM in St. Moritz (2017) drohte vor Alta Badia gar der Fall aus den Top 30 der Slalom-Startliste. Doch genau im richtigen Zeitpunkt liefert Feller das geforderte Spitzenresultat. Im zweiten Lauf auf der Gran Risa fährt er von Platz elf auf Rang zwei. Nur acht Hundertstel fehlen auf Sieger Ramon Zenhäusern.
An den so knapp verpassten ersten Weltcupsieg verschwendet er aber keinen Gedanken. Zu gross ist die Last, die von seinen Schultern fällt. «Unglaublich. Eine Genugtuung. Ich wäre auch mit dem fünften, vierten Platz happy gewesen», sagt er nach dem Rennen zu ORF-Reporter Rainer Pariasek.
«Wurde durch den Dreck gezogen»
Dann versagt ihm die Stimme. Mit einer Handbewegung deutet er an, dass er eine Pause braucht. Auf die Frage, ob zuletzt nicht mehr alle an ihn geglaubt hätten, sagt Feller mit Tränen in den Augen: «Das sind die falschen Worte. Ich wurde durch den Dreck gezogen. Vor allem die letzte Saison war unglaublich anstrengend, unglaublich schmerzhaft. Der ganze Sommer war zäh, mit Schmerzen. Eine Genugtuung. Danke an alle Betreuer, Physios, die Freundin, Family und auch meine Fans.»
Nach einem Bandscheibenvorfall wurde Feller regelmässig von Rückenbeschwerden geplagt, worunter auch die Vorbereitung auf die aktuelle Saison gelitten hat. Einer der die Hoffnung auf ein Feller-Comeback nie aufgegeben hat, sei ÖSV-Boss Peter Schröcksnadel gewesen. «Er hat mich angerufen und mir gesagt, ich soll mir nichts denken und einfach drauflosfahren», verrät Feller. «Dann hab ich mir gedacht, na wenn der das sagt, dann mach ich das, dann ist alles andere egal. Denn er glaubt immer an uns - und dafür sag ich auch Danke.»
Dass das präsidiale Vertrauen gerechtfertigt ist, beweist Feller nur einen Tag nach dem Tränen-Interview mit Platz vier beim Nachtslalom von Madonna di Campiglio erneut. Nur ein Hundertstel fehlt dieses Mal aufs «Stockerl».
Tränen gibts am Dienstag zwar keine mehr, dafür erzählt Feller wieder im ORF von den vielen Reaktionen auf sein emotionales Interview: «Es war sehr berührend. Ich habe auch Nachrichten bekommen, dass Leute mit mir vor dem Fernseher geweint haben. Aber für das schäme ich mich ja eh noch immer.» Nach diesen beiden Leistungen muss sich Feller vor den rot-weiss-roten Ski-Fans eigentlich für nichts schämen. (red)