Sie war Junioren-Weltmeisterin, hatte im B-Kader von Swiss-Ski einen geschützten Status und gehörte mit 25 Jahren noch lange nicht zum alten Speed-Eisen. Trotzdem tritt Juliana Suter zurück. Nicht, weil sie verletzt ist oder der Saisonstart miserabel gewesen wäre. Nein, sie mag einfach nicht mehr. «Das Feuer ist erloschen», sagt sie.
Wie kam es so weit? Rückblick: Am letzten Samstag bereitet sich Suter auf ihren Start bei der Abfahrt in Val d'Isère (Fr) vor. Es ist kurz vor 11 Uhr morgens, sie trägt die Startnummer 26. Die Abfahrtsspezialistin ist in den letzten Vorbereitungen, als das Rennen gestoppt wird – die Kanadierin Stefanie Fleckenstein (27) ist gestürzt und hat sich schwer verletzt. «Ich habe die Ski ausgezogen, die Schnallen aufgemacht und mich zurückgezogen. Da fingen die Gedanken an zu drehen. Irgendwann wusste ich: ‹Ich will es nicht mehr.›»
Suter verzichtet auf den Start. Eine Kurzschlussreaktion sei der Entscheid aber nicht gewesen. «Ich habe mir schon länger überlegt, ob mir der Skirennsport noch Spass macht», erklärt die Frau vom Stoos SZ.
Letztlich hätten sich verschiedene Faktoren addiert – mit dem Rücktritt als Ergebnis. Einerseits fand sie den Rummel im Ski-Zirkus «nie so cool» wie andere. Andererseits betont sie: «Ich habe mich nicht über Resultate definiert, der Spass und die Freude waren mir wichtiger. Dennoch war ich ständig dem Druck ausgeliefert, Resultate liefern zu müssen. Das war nicht immer einfach.»
Gefühle und Schwächen? «Im Skizirkus nicht sehr akzeptiert»
Bereits im Januar 2021 habe sie sich am Start der Abfahrt in St. Anton (Ö) ähnlich schlecht gefühlt wie zuletzt. Suter startete dennoch, stürzte kurz vor dem Ziel fürchterlich und riss sich das Kreuzband. «Danach habe ich mir geschworen, dass ich in Zukunft nicht mehr den gleichen Fehler machen würde. Darum bin ich in Val d'Isère auch nicht gestartet.»
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Bloss: Warum verzichtete sie vor zwei Jahren nicht auch auf das Rennen? «Ich war noch jünger und getraute mich nicht, das zu sagen. Es ist im Skizirkus generell nicht sehr akzeptiert, wenn man seine Gefühle und Schwächen offen kommuniziert.»
Vorwürfe macht Suter niemandem. Vielmehr ist sie glücklich über ihren Entscheid. Der Super-G tags darauf, den sie als 26. beendete, habe ihr Empfinden bestätigt. «Ich wollte einen Abschluss haben, einfach noch einmal fahren. Im Ziel war mir dann endgültig klar, dass es vorbei ist.»
Künftig gibt sie in der Schulklasse Vollgas
Suter freut sich nun auf die Festtage. «Erstmals Weihnachtsferien», jubelt sie. Was dann ansteht, war schon länger klar: Sie wird Lehrerin. Im letzten Sommer beendete Suter ihre fünfjährige Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule Schwyz. «Viele Athleten haben keine Ahnung, was nach der Karriere kommt. Diese Angst muss ich nicht haben. Im Gegenteil, ich freue mich riesig darauf.»
Zuerst lässt sich Suter aber Zeit, um alles sacken zu lassen. «Gleichzeitig bin ich keine, die nur rumsitzt. Ich brauche neue Herausforderungen», kündigt sie schmunzelnd an.
Suter wird also auch künftig Vollgas geben – zwar nicht mehr auf den Rennpisten, dafür schon bald im Schulzimmer.