Es gibt wohl keine Fahrerin im Ski-Weltcup, die so oft strahlt und lacht wie Ragnhild Mowinckel (31). Doch um 10.30 Uhr an diesem Samstag ist sie zu Tode betrübt, Tränen kullern unter ihrer Sonnenbrille durch. «Wir versuchen nicht, zu betrügen. Denn das wäre das Schlimmste, was ich tun könnte», sagt sie dem Sender TV2.
Was ist passiert? Der erste Teil der Antwort ist einfach. Auf dem Belag ihrer Ski entdeckte die FIS Fluor. Das Produkt, das auf dem Belag wasser- und schmutzabweisend wirkt und die Ski so schneller macht, ist seit dieser Saison verboten – es ist laut Experten schädlich für Natur und Mensch.
Die FIS führte darum einen Grenzwert von 1,8 ein – wenn ein Ski mehr aufweist, wird der Athlet disqualifiziert. Bei Mowinckels Head-Latten ist genau dies nach dem ersten Lauf der Fall. Die FIS gibt zwar keine Zahlen bekannt, er soll aber etwa 10 betragen haben. «Es war so deutlich, dass wir keine andere Wahl hatten, als die Rennfahrerin zu disqualifizieren», sagt FIS-Renndirektor Peter Gerdol.
Grosses Rätselraten
So weit, so klar. Doch nun wirds kompliziert. Wie konnte das überhaupt passieren? Ein Messfehler des Geräts ist im Gegensatz zur Testphase im Sommer wohl ausgeschlossen, weil kein anderer Ski an diesem Tag erhöhte Werte anzeigt. Dass Mowinckels Head-Servicemann betrügen wollte, ist auch unwahrscheinlich. Denn: Mowinckel ist eine der besten Fahrerinnen überhaupt – es wäre fahrlässig, ein solches Risiko einzugehen. War es also Sabotage? Könnte sein. Aber: Auch früher hätte man die Ski von Konkurrentinnen locker schädigen können.
Vielleicht wurde also ein mit Fluor verunreinigter Wachs verwendet. Oder mit einer Bürste bearbeitet, die noch Fluor-Spuren aufwies. «Wir glauben nicht, dass wir einen Fehler gemacht haben, werden aber alles analysieren», so Head-Rennchef Rainer Salzgeber.
«Ragnhild tut mir extrem leid», sagt SRF-Expertin Tina Weirather. Sie ist gut mit Mowinckel befreundet und findet: «Sie hat es nicht verdient, sich zu fühlen, als halte man sie für eine Betrügerin.»