Zehn Monate ist es her. Lara Gut-Behrami (31) sitzt im Hotel Cervus in St. Moritz. Sie wirkt nachdenklich, besorgt. Sie wird gefragt: «Kannst du dir vorstellen, wie einst Lindsey Vonn, also bis 34, weiterzumachen?» Die Tessinerin, zu diesem Zeitpunkt 30-jährig, winkt sofort ab. «Ich bin nicht Vonn. Ich habe Besseres zu tun.» Die Olympischen Spiele 2026 in Mailand/Cortina sind für sie kein Thema – das macht sie deutlich.
Und heute? Da ist alles anders. Gut-Behrami ist entspannt, locker, gar gelöst. Und sagt: «Vielleicht fahre ich noch ein, zwei, drei oder vier Jahre weiter – keine Ahnung.» Heisst: Womöglich wird sie 2026 an ihrem Lieblingshang, der Olimpia delle Tofane, doch noch dabei sein. An einen möglichen Rücktritt verschwendet sie jedenfalls keine Gedanken. «Ich geniesse das Skifahren, spüre keinen Druck. Ich muss nichts mehr in meiner Karriere, sondern darf noch.»
Blutanalyse liefert Klarheit
Die veränderte Stimmungslage kommt nicht von ungefähr. Im letzten Winter schloss Gut-Behrami mit Olympia-Gold im Super-G von Peking zwar die letzte Lücke in ihrem Palmarès, er machte ihr aber auch viele Sorgen. Schon Mitte November hat sie Probleme, schwitzt und friert zwischen den Läufen.
Bei den Rennen in Kanada Anfang Dezember klagt sie dann über Atemprobleme, nach wenigen Treppenstufen ist sie erschöpft. Eine Erklärung dafür hat niemand, auch nicht die Ärzte. Später kommt Corona dazu, Gut-Behrami hat kaum noch Kraft. Insgesamt neun Rennen lässt sie aus. Frust pur!
«Ich habe mir schon Sorgen gemacht», sagt sie heute. Und erklärt den Grund für ihre Probleme: «Eine Analyse im Frühling hat ergeben, dass ich eine Lungeninfektion hatte. Dadurch bekam ich 20 Prozent weniger Luft als sonst.» Das war aber nicht alles. «Ich hatte ein ähnliches Virus wie jenes, welches das Pfeiffersche Drüsenfieber verursacht. Ob dies eine Folge von Corona war, weiss ich nicht», so Gut-Behrami. Glücklicherweise sei nun alles überstanden. «Ich habe Kortison in Form von Medikamenten genommen, musste dann alles zwei oder drei Monate auskurieren lassen.»
Ihr Ehemann ist Fussball-Experte im TV
Mittlerweile ist Gut-Behrami wieder so in Form wie früher. Oder gar besser. «Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich mit 31 fitter als mit 20 fühlen würde. Aber es ist so. Klar gibt es Tage, da spüre ich die Last der vielen Jahre im Weltcup. Anderseits ist dies normal», erklärt sie. Entscheidend ist sowieso etwas anderes. Was? Ihr inneres Gleichgewicht. Trainer-Legende Karl Frehsner (83) meint: «Das ist der Schlüssel ihres Erfolgs. Lara zählt zu den weltbesten Athletinnen. Wenn sie auch im Winter so locker ist wie jetzt, traue ich ihr viel zu. Es ist wie überall: Wer kein Stress hat, ist glücklich.»
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Nach dem Speed- und Technik-Training in Chile, bei dem neu auch ein Physio dabei war, ist Gut-Behrami parat für den Saison-Auftakt in Sölden (22. Oktober). Ihr Ehemann, der ehemalige Nati-Star Valon Behrami (37), wird dann nicht im Zielraum stehen – so wie auch in den folgenden Rennen nicht. «Er hat seinen Job als Fussball-Experte bei einem italienischen Sender. Auch bei der WM wird er dabei sein», sagt sie.
Gut-Behrami bleibt unberechenbar
Und wie ist das nochmals mit Olympia 2026? Gut-Behrami muss schmunzeln. «Es gibt Tage, da denke ich: ‹Klar, gar kein Problem - ich werde dabei sein!› Ich habe ein gutes Umfeld, kenne meinen Körper besser und habe Spass, mich weiterzuentwickeln.» Daneben gibt es aber auch andere Tage. «Genau. Vielleicht mache ich ja in vier Jahren auch etwas ganz anderes.»
Sicher ist: Auf und neben der Piste bleibt Gut-Behrami eine Wundertüte – etwas Spannenderes gibt es kaum.