Kommts zur grossen Wende am Matterhorn?
FIS will nun doch wieder eine Weltcup-Abfahrt in Zermatt!

Kehrtwende im Skizirkus: Das totgeglaubte Projekt vom alpinen Weltcuprennen in Zermatt steht vor der wundersamen Auferstehung.
Publiziert: 13.08.2024 um 12:03 Uhr
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Aktualisiert: 13.08.2024 um 17:41 Uhr
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Nachdem auf der «Gran Becca» in zwei Jahren kein einziges Rennen ins Ziel gebracht wurde …
Foto: keystone-sda.ch
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Marcel W. PerrenSki-Reporter

Es war der grosse Aufreger zum Ende des letzten Ski-Winters: Obwohl der Zermatter OK-Chef Franz Julen (65) mit FIS-Präsident Johan Eliasch (62) einen Vertrag über fünf Jahre ausgehandelt hatte, wurde die Matterhorn-Abfahrt nach zwei gescheiterten Anläufen aus dem Kalender für den kommenden Weltcup-Winter gestrichen.

Die Reaktion der Walliser ist mit einem Sommertrainingsverbot für die Elite-Athleten auf dem Thedoul-Gletscher entsprechend heftig ausgefallen. Die Fronten waren zeitweise derart verhärtet, dass zahlreiche Insider bis vor kurzem davon ausgegangen sind, dass die grössten Alpin-Cracks nie mehr ins Mattertal zurückkehren würden.

Offizielle Anfrage der FIS

Doch jetzt zeichnet sich eine spektakuläre Wende ab. Der Plan von einer Zweiländer-Abfahrt auf der «Gran Becca» (Start in der Schweiz, Ziel in Italien) dürfte zwar endgültig beerdigt werden. Dafür könnten ab 2027 auf der östlichen Seite Zermatts auf höchster Stufe Rennen auf einer Piste ausgetragen werden, die bis im Jahr 1967 zu den internationalen Alpin-Klassikern gehörte – gemeint ist die Gornergrat-Abfahrt.

Mit einer Länge von sechs Kilometern war diese Strecke vom Gornergrat bis hinunter nach Zermatt einst die längste im internationalen Renn-Kalender, der legendäre Waadtländer Speed-Spezialist Jean Daniel Dätwyler (79, Olympia Bronze-Gewinner 1968) benötigte bei seinem Streckenrekord vor 57 Jahren sechs Minuten und zehn Sekunden. In der Zwischenzeit hat Bernhard Russi (75) den Zermattern Vorschläge für eine neue Streckenführung auf den oberen zwei Dritteln dieser Strecke gemacht. 2027 sollte die Piste für die Gäste bereit sein. Obwohl der Olympiasieger von 1972 die Gornergrat-Abfahrt mit dem Ziel auf Schweigmatten-Furi um rund 3000 Meter gekürzt hat, beinhaltet dieses steile Gelände zahlreiche technisch anspruchsvolle Passagen und einen spektakulären Sprung über den Tunnel der Gornergratbahn.

Deshalb hat Johan Eliasch seinen Vorstandskollegen im Ski-Weltverband dieses Projekt vor ein paar Wochen schmackhaft gemacht. Und nun bestätigt Franz Julen nach der Anfrage von Blick, «dass die FIS Wort gehalten hat und uns schriftliche Vorschläge für zukünftige Weltcuprennen in Zermatt unterbreitet. Diese werden wir vor Ort mit allen wichtigen Leistungspartnern und dann mit Swiss-Ski in aller Ruhe analysieren. Im Verlauf des Monats September wird die Destination entsprechend Position beziehen.»

Weil die Hotels im Matterhorn-Dorf von Dezember bis Mitte März komplett mit Touristen gefüllt sind, wollte der Grossteil der Zermatter bis im letzten Jahr ausschliesslich im November Weltcuprennen durchführen. Doch mittlerweile können sich immer mehr «Mattini» internationale Wettkämpfe im letzten März-Drittel oder in der ersten April-Woche vorstellen.

Die Reaktion von Marco Odermatt

Aber was hält der weltbeste Alpin-Rennfahrer der Gegenwart von diesem Plan? Als Blick Marco Odermatt (26) übers Handy erreicht, fährt der Olympiasieger, Weltmeister und dreifache Gesamtweltcupsieger mit seinem Audi durchs Oberwallis. «Ich habe in den letzten sieben Tagen zusammen mit meinen Teamkollegen bei hervorragenden Bedingungen in Saas Fee trainiert. Aber selbstverständlich würde ich mich sehr darüber freuen, wenn wir in Zukunft auch wieder in Zermatt fahren könnten.»

Die Idee von Frühlings-Weltcuprennen auf der Gornergrat-Piste taxiert der Nidwaldner als zukunftsweisend: «Aufgrund der negativen Erfahrungen, die wir im Speed-Bereich bei den letzten Weltcup-Finals in Saalbach und in Andorra gemacht haben, ist es naheliegend, dass wir künftig die März-Rennen in wesentlich höher gelegenen Gebieten durchführen sollten. Ich bin mir sicher, dass wir in Zermatt auch zum Saisonende in den Genuss von exzellenten und vor allem fairen Bedingungen kommen würden.»

Es gibt aber noch etwas anderes, das Odermatt an der Gornergrat-Abfahrt reizt: «Im Gegensatz zur Gran Becca würde man bei der TV-Übertragung von der Gornergrat-Piste die sehr viel schönere Schweizer-Seite des Matterhorns im Bild haben.» Und das wäre allerbeste Werbung für den Skisport.

Sogar die Ösis sind begeistert

Die schärfsten Kritiker der Matterhorn-Abfahrt waren die Österreicher. Nachdem die Weltcup-Premiere auf der «Gran Becca» 2022 aufgrund von Schneemangel und 2023 wegen zu viel Schnee und Wind scheiterte, kündigte Austria-Speedcheftrainer Sepp Brunner einen Streik an, falls die Zweiländer-Abfahrt noch einmal im Weltcup-Kalender fungieren sollte. Und ÖSV-Geschäftsführer Christian Scherer hat in einem ORF-Interview festgehalten, «dass das innovative und ambitionierte Konzept dieser Zweiländer-Abfahrt nur schwer umsetzbar ist».

Beim Blick auf das Konzept der Gornergrat-Abfahrt gerät Österreichs Ski-Boss aber regelrecht ins Schwärmen: «Erfreulich, wenn es gelingt, ikonische Orte wie Zermatt im Weltcup-Kalender zu platzieren. Der Weltcup sollte dazu eine gute Balance zwischen weltbekannten Orten und auch Destinationen, die durch den Weltcup Bekanntheit erlangen, haben. März wäre für Zermatt ein guter Termin und sollte auch dazu beitragen, dass der Weltcup-Kalender zwischen Speed- und Technik-Bewerben ausgeglichener wird.»

Aber wird nach den negativen Erfahrungen mit der «Gran Becca» tatsächlich eine Mehrheit der Zermatter den Weltcuprennen auf der Gornergrat-Piste zustimmen? Im Fall von einem «Ja» der Zermatter könnte man von einer besonders nachhaltigen und attraktiven Lösung für den Skisport reden. Und diese wäre auch weniger aufwendig zu realisieren, weil zum Beispiel nicht extra Schneedepots angelegt werden müssten. Das alles sollte diese Lösung auch für Sponsoren interessant machen.

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