Es ist einer der härtesten Tage in der Rennfahrer-Karriere von Urs Kryenbühl. Fast ein Jahr nachdem er beim Zielsprung der Hahnenkamm-Abfahrt auf grausame Weise gestürzt ist, steht der Schwyzer in Kitzbühel nun wieder am Start. Im ersten Training muss der 26-Jährige sein Streif-Trauma besiegen. «Ich bin brutal nervös!» Mit einer speziellen Atemtechnik versucht er, sich zu beruhigen – richtig gut funktioniert das allerdings nicht.
Um 12.04 Uhr ist es dann so weit: Der Mann aus Unteriberg SZ besiegt den inneren Schweinehund und katapultiert sich zum Starthaus hinaus. Die Mausefalle und den Steilhang meistert der brillante Techniker zwar optisch ohne grössere Probleme, innerlich wird die Unruhe aber immer grösser. «Ich hatte ständig das Gefühl, dass ich nicht viel Grip habe. Und je näher der Zielsprung kam, umso heftiger wurde meine Nervosität.»
140 km/h trotz Schikane
Doch der «Ürsel» hält dieser gigantischen Belastung stand und schwingt bombensicher im Ziel ab. Der Rückstand von 2,65 Sekunden auf die Bestzeit von Aleksander Aamodt Kilde interessiert ihn in diesem Moment nicht im Geringsten. «Die Befreiung ist gross, nach der geglückten Landung beim Zielsprung ist mir ein riesengrosser Stein vom Herzen gefallen. Ich bin glücklich und dankbar, dass ich gesund dieses Interview geben kann.»
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Das Hahnenkamm-OK hat übrigens auch wegen Kryenbühls Horror-Crash (schwere Gehirnerschütterung, Kreuzbandriss und Schlüsselbeinbruch) in diesem Winter am Hausberg eine zusätzliche Schikane eingebaut, die das Tempo für den Zielschuss drosseln soll.
Während Niels Hintermann aufgrund dieser Massnahme vor den Entscheidungsträgern «den Hut zieht», äussert sich Marco Odermatt nach seinem 19. Rang skeptisch zur veränderten Streckenführung: «Ich hatte das Gefühl, dass ich trotzdem mit einem ziemlichen Tempo in den Zielhang gefahren bin.» Tatsächlich wurden in der ersten Probefahrt beim Zielsprung wie bei Kryenbühls Abflug im Vorjahr Tempi von über 140 km/h gemessen.