«Ich verblutete beinahe»
So gefährlich können die Parallel-Rennen sein

Mögen Sie Parallelrennen? Sicher ist: Ein Aufprall mit einer Ski-Kante kann fatale Folgen haben. Genau darum tragen immer mehr Fahrer eine schnittresistente Hose.
Publiziert: 16.02.2021 um 19:19 Uhr
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Aktualisiert: 18.02.2021 um 10:22 Uhr
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Der amerikanische Nachwuchsfahrer Victor Wiacek verblutete fast, als ein Ski nach einem Sturz eine grosse Wunde in seinen Oberschenkel schnitt.
Foto: imago images/Bildbyran
Mathias Germann aus Cortina d'Ampezzo

Das Witz-Parallel-Rennen von Cortina gibt wohl noch lange zu reden. Dabei gibt es noch einen weiteren Punkt, der gegen dieses Format spricht: Sie sind gefährlich. Das zeigt schon die WM-Quali, als mehrere Fahrer stürzen und nur knapp an ihren Gegnern auf dem anderen Kurs vorbeisausen. Mélanie Meillard (22) dürfte es bei der Betrachtung der Bilder geschauert haben. Sie selbst hat Angst vor Schnittwunden, welche durch die Kanten der Ski verursacht werden können. «Darum trage ich immer eine schnittresistente Hose unter dem Kombi – egal ob im Training oder im Rennen», so die Walliserin.

Meillard ist ein gebranntes Kind. Denn: Sie sah mit eigenen Augen, was eine messerscharfe Ski-Kante anrichten kann – ihren Bruder Loïc erwischte es vor einem Jahr beim Tiefschneefahren in Japan, als sein eigener Ski seine Wade aufschlitzte. «Das war nicht schön anzusehen. Loïc erholte sich zwar schnell, aber er redete mir ins Gewissen, künftig eine schnittresistente Hose anzuziehen. Seither mache ich das auch», so seine Schwester.

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«Eine solche Verletzung kann die Karriere gefährden»

Die Wahrscheinlichkeit, von einer Ski-Kante verletzt zu werden, ist gering. «Zumindest in der obersten Liga der Skifahrer. Aber bei Hobbyfahrern kommt es immer wieder mal vor», sagt Karl Frehsner. Genau darum treibt die Trainer-Legende die Entwicklung der speziellen Hosen voran. «Sie sind schnittresistent, nicht schnittfest», betont er. Heisst: Je nach Winkel und Härte des Aufpralls kann auch diese Spezial-Hose durchschnitten werden. «Wichtig ist, dass sie auch angenehm zu tragen ist – sonst kauft sie keiner.» Frehsner arbeitet innerhalb einer Arbeitsgruppe mit der FIS an einem Sicherheitslabel – so wie bei den Helmen.

Für Frehsner ist klar: «Eine schlimme Schnittverletzung kann die Karriere eines Spitzensportlers gefährden.» Keiner weiss dies besser als Aksel Svindal (38). Der zurückgetretene Super-Elch aus Norwegen fiel 2007 in Beaver Creek auf die Kante seiner Ski und zog sich derart tiefe Schnittwunden zu, dass ein künstlicher Darmausgang gelegt werden musste.

«Das Blut spritzte in meine Augen»

Anderen, wie dem amerikanischen-polnischen Nachwuchsfahrer Victor Wiacek (22), war dies nicht vergönnt. Rückblick. Im Februar 2019 erwischt er bei etwa 40 km/h er einen Schlag. Eine Bindung öffnet sich, Wiacek fällt auf den Ski. Die Folgen sind verheerend. Er erinnert sich: «Ich dachte, ich hätte eine Hirnerschütterung, weil ich nicht richtig sehen konnte. Dann merkte ich, dass es das Blut war, welches in meine Augen spritzte.»

Tatsächlich verursacht die Kante eine riesige Wunde in Wiaceks Oberschenkel – der Ski macht erst halt, als er gegen seinen Oberschenkelknochen prallt. «Ich verlor fast 50 Prozent meines Bluts. Wäre nicht sofort jemand bei mir gewesen, wäre ich noch auf der Piste gestorben.»

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Rücktritt nach Horror-Unfall

Seither fährt Wiacek keine Rennen mehr. Er widmete sich der Entwicklung schnittresistenter Hosen, welche er mittlerweile auch verkauft. Frehsner kennt den gebürtigen Polen und schätzt sein Produkt. «Es ist immer gut, wenn sich jemand engagiert. Ideal wäre es, wenn wir die schnittresistenten Fäden direkt in die Rennanzüge der Profis einfügen könnten. Das ist aber momentan nicht möglich, weil die Kombis bei 240 Grad bedruckt werden. Aber die Hose darunter zu tragen, ist ebenfalls schon ein grosser Fortschritt.»

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