Ja, es ist Liebe! Lara Gut-Behrami und Sölden, das gehört einfach zusammen. Ein Jahrzehnt nach ihrem ersten Triumph im Ötztal gewinnt die Tessinerin zum insgesamt dritten Mal. Was ist im Vergleich zu 2013 anders? «Ich fahre schneller Ski und bin hübscher», sagt sie lachend. Man merkt sofort: Gut-Behrami ist gut gelaunt, gelöst, glücklich. «Damals war ich jung, frisch. Mit 20 macht das Skifahren Spass, du reist um die Welt, alles ist schön, man erholt sich schnell. Mit 30 ist der Spass auch noch da, aber alles ist schwerer.»
32 Jahre alt ist Gut-Behrami mittlerweile. Und gibt offen zu, dass sie das Alter spürt. Das ist aber nicht alles, was ihr am Rettenbachgletscher zu schaffen macht. «Ich habe meine Menstruation, bin müde und habe Rückenweh. Ich spüre das alles viel mehr als früher.» Tatsächlich habe sie sich bis vor zwei Jahren sogar körperlich stärker gefühlt, wenn sie die Menstruation hatte, verrät sie. Jetzt ist es umgekehrt. «Im Training würde ich pausieren, wenn ich mich so fühlen würde wie heute. Da riskiere ich nichts.»
Mit dem «schlechtesten Lauf» auf Rang 4
An einem Tag wie diesem ist dies anders. Am Start, auf 3040 Metern über Meer, strahlt um 10 Uhr die Sonne – genau so, wie es Gut-Behrami mag. Sie trägt die Nummer 1, was ein Vorteil ist, da der Schnee schon nach den Vorfahrern Rillen aufweist. Sie beginnt stark, zeigt auch im brutalen Steilhang mit bis zu 65 Prozent Gefälle ihre Klasse, rutscht zwar einmal weg, lässt sich aber nicht verrückt machen.
Nach dem ersten Lauf ist Gut-Behrami Vierte, sie hat 75 Hundertstel Rückstand – alles ist im Lot. Tatsächlich? Sie widerspricht: «Das war definitiv mein schlechtester Lauf seit dem Sommer.» Da ist sie wieder: Gut-Behrami, die Perfektionistin – Menstruation hin oder her.
Nickerchen vor und zwischen den Läufen
Vor einigen Jahrzehnten hätte kaum eine Skirennfahrerin offen über Menstruation gesprochen – es war tabu. Gut-Behrami hat, so wie Mikaela Shiffrin (USA) im letzten Winter, keine Mühe damit. «Es ist nicht so, dass mir die Kraft fehlt. Aber ich kann in den Kurven nicht richtig dagegenhalten.» Heisst: Sie hat Probleme, mit den Kräften, die auf Ski und Körper wirken, umzugehen.
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«Weil ich weniger Energie hatte, habe ich vor dem Rennen und zwischen den Läufen geschlafen», erzählt sie. Neu sei dies nicht, wegen der Menstruation aber besonders wichtig. «Schlafen hilft. Es lenkt ab, ich denke nicht zu viel nach und erhole mich so am besten. Es geht nicht nur um den körperlichen Aspekt. Oft ist es Kopfsache, wie man danach fährt.»
«Ich liebe Sölden»
Wozu dies führt, bekommen ihre Gegnerinnen am Nachmittag zu spüren. Gut-Behrami fährt mutig, wie auf Schienen, ist agil und doch geschmeidig. Sie überholt alle: zuerst Petra Vlhova (Slk), dann Sara Hector (Sd) und letztlich Federica Brignone (It). Der 38. Weltcupsieg ist perfekt. Ihre Teamkolleginnen Mélanie Meillard (17.), Michelle Gisin (19.), Simone Wild (20.), Wendy Holdener (22.) und Camille Rast (29.) backen deutlich kleinere Brötchen.
Und Gut-Behramis Fazit? Probleme hin, Probleme her – sie sagt: «Ich liebe Sölden!»