Es sind nicht wirklich gute Erinnerungen, die der Rekord-Gesamtweltcupsieger Marcel Hirscher mit Marco Odermatt verbindet. Als der Österreicher 2019 beim Weltcup-Finale in Soldeu (And) den letzten Riesenslalom seiner Karriere absolvierte, hat er auf dem sechsten Schlussrang über eine Sekunde auf den damals 21-jährigen Nidwaldner eingebüsst. Seitdem hat Hirscher kein Weltcuprennen mehr live vor Ort verfolgt. Bis am Montag.
Als Eigentümer der Skimarke Van Deer taucht der 33-Jährige für viele überraschend im Zielraum von Alta Badia auf. Dort wird der Altmeister von den Reportern natürlich auch auf den neuen Seriensieger aus der Schweiz angesprochen. Hirschers Antwort: «Als ich vor vier oder fünf Jahren prophezeit habe, dass Odermatt den Skisport in Zukunft dominieren wird, wurde ich auch als blöder Schwätzer beschimpft. Aber jetzt zeigt sich, dass ich doch nicht so ein Trottel bin!»
«Beine waren nicht mehr so spritzig»
Dann wird der achtmalige Gewinner der grossen Kristallkugel Zeuge von Odermatts nächstem Riesen-Coup. In einem packenden Zweikampf mit dem auf Hirscher-Ski fahrenden Norweger Henrik Kristoffersen rettet der Nidwaldner von zwischenzeitlich sechs Zehnteln Vorsprung zwanzig Hundertstel ins Ziel. Damit feiert Odermatt den vierten Saisonsieg und den neunten Podestplatz im zehnten Saisonrennen.
Nach dem insgesamt 15. Weltcup-Triumph seiner Karriere ist der Olympiasieger glücklich, aber nudelfertig: «Ich habe schon vor dem Start gespürt, dass das ein richtig hartes Rennen für mich wird. Und so war es dann auch. Nach den Speed-Rennen in Gröden und dem Riesenslalom am Vortag waren meine Beine auf dieser unruhigen Piste nicht mehr ganz so spritzig, ich bin wirklich mit dem letzten Tropfen Benzin im Tank ins Ziel gekommen.»
Hirschers Kampfansage an Odermatt
Odermatt ist damit der erste Rennfahrer seit dem legendären Hermann Maier (50) 1999, der in derselben Woche bei der Abfahrt in Gröden und beim Riesen in Alta Badia den Sprung aufs Podest geschafft hat. Marcel Hirscher beneidet den Buochser aber nicht: «Ich möchte nicht mehr tauschen. Der Druck, den du als Rennfahrer Tag für Tag ertragen musst, macht dich mit der Zeit ganz deppert!»
Als unerwartet angenehm bezeichnet der Salzburger dafür die Zusammenarbeit mit Kristoffersen: «Henrik überrascht mich in menschlicher Sicht jeden Tag aufs Neue. Er ist ein richtig cooler Typ, was ich vor ein paar Jahren nicht gedacht hätte.» Und dann gibt es von Hirscher doch noch eine Kampfansage an Odermatt: «Noch sind wir mit van Deer und Henrik nicht ganz so weit wie Marco, aber wir sind nahe dran!»
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