Die Sonne lacht über der Corviglia oberhalb von St. Moritz. Mit ihr um die Wette strahlt Michelle Gisin (29). «Das ist ein Befreiungsschlag, ich bin endlich wieder richtig geil Ski gefahren und sauge diese Energie auf», sagt sie. Mit Platz 4 ist die Engelbergerin, die in Samedan GR geboren wurde, mehr als nur glücklich. «Ich liebe diese Gegend, es ist genial. Ich fühle mich, als hätte ich gewonnen.»
Der Hintergrund: Nach ihrem Skiwechsel von Rossignol zu Salomon musste Gisin zuletzt viel Kritik einstecken. «Dabei war längst nicht immer das Material schuld. Ich habe auch einiges verbockt, in Levi ging ich zudem krank an den Start.» Die Resultate der zweifachen Olympiasiegerin waren mager, in zwölf Rennen schaffte sie es nur einmal in die Top 10 – als Achte bei der Abfahrt in Lake Louise. Gisin gibt zu: «Alle Fragen drehten sich nur noch um meine Ski. Das nervte schon ein wenig.»
Rechtzeitig zu Weihnachten macht sich Gisin in St. Moritz letztlich ein kleines Geschenk. Ihr ist bewusst, dass die perfekte Abstimmung in vier Disziplinen noch viel Arbeit bringen wird. «Aber jetzt freue ich mich fürs Erste, fahre heim und backe Guetzli.»
Gut-Behrami braucht Lösungen
Ganz anders ist die Gemütslage bei Lara Gut-Behrami (31). Als Achte ist sie zwar zweitbeste Schweizerin – Joana Hählen (13.) und Corinne Suter (15.) machen zu viele Fehler – glücklich ist sie darüber aber nicht. Im Gegenteil. Auf Siegerin Mikaela Shiffrin (27, USA) verliert sie fast eine Sekunde. 48 Hundertstel davon im oberen, flachen Teil. Das Gespräch im Zielraum wird danach zum verbalen Schnelllauf. Was ist passiert? «Ich weiss es nicht.» Wie fühlst du dich? «Ich fahre nicht so schlecht, bin aber nicht schnell.» Woran liegts? «Ich muss Lösungen suchen, noch kenne ich sie nicht.» Wird es schwierig sein, sie zu finden? «Hoffentlich nicht.» So geht es hin und her, zuerst auf Französisch, dann auf Deutsch – Gut-Behrami beantwortet acht Fragen innerhalb von 60 Sekunden.
Fakt ist: Gut-Behramis Bilanz nach den drei Speed-Rennen im Engadin ist für ihre Verhältnisse ernüchternd. Hier, wo sie schon acht Podestplätze feierte, darunter drei Siege, erleidet sie einen Rückschlag. Die Ränge 8, 12 und 8 sind überhaupt nicht nach ihrem Geschmack. Ihre treffende Bilanz lautet: «Ich bin gefahren, aber nicht schnell.»