Hintermann und Huggel: Skirennfahrer trifft Ex-Fussballer
«Beni wäre ein guter Ski-Kommentator»

Niels Hintermann gehört zu unseren grössten Speed-Ski-Hoffnungen. Jetzt will der 25-Jährige gemeinsam mit Fussball-Legende Benjamin Huggel (43) auch als Geschäftsmann durchstarten.
Publiziert: 24.04.2021 um 13:54 Uhr
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Aktualisiert: 02.05.2021 um 13:50 Uhr
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Sind neu Geschäftspartner: Niels Hintermann (l.) und Benjamin Huggel.
Foto: Sven Thomann
Marcel W. Perren (Interview) und Sven Thomann (Foto)

Herr Huggel, wie gut kennen Sie sich im Skisport aus?
Benjamin Huggel: Ich fahre leidenschaftlich gerne Ski. Aber wenn Neuschnee fällt, werde ich zum Snowboarder. Es gibt für mich nicht viel Schöneres, als durch frischen Powder zu boarden.
Nils Hintermann: Beni, das mit dem Snowboard meinst du nicht ernst, oder? Ich muss dir mal zeigen, wie geil Tiefschneefahren mit Spezialski ist.
Huggel: Das habe ich noch nie probiert. Wie auch immer. Ich habe mich als Fussballer jedes Mal geärgert, wenn am Abend vor einem Spiel oder dem Training im Fernsehen die Meteorologen für den nächsten Tag traumhafte Schneeverhältnisse vorhergesagt haben. Es hat mir immer wehgetan, dass ich in meinen besten Jahren nicht die Freiheit hatte, mich auf den Ski oder auf dem Board so richtig austoben zu können. Ich war schon als Kind ein totaler Ski-Fan, die Schweizer Sternstunden an der WM in Crans-Montana werde ich nie vergessen, die Rangliste von der Abfahrt habe ich ziemlich genau im Kopf.

Also, zählen Sie uns doch einmal die Top 6 auf.
Huggel: 1. Peter Müller, 2. Pirmin Zurbriggen, 3. Karl Alpiger, 4. Franz Heinzer. Sechster war, glaube ich, Conradin Cathomen.

Die ersten vier sind richtig, Sechster war aber Dani Mahrer. Wer war eigentlich in diesem geschichtsträchtigen Rennen Fünfter?
Hintermann: Keine Ahnung, ich war ja damals noch gar nicht auf der Welt!
Huggel: Da muss ich ebenfalls passen.

Es war Rob Boyd.
Huggel:
Stimmt, der Kanadier. Legendär! Seit diesem Sommer habe ich übrigens noch mehr Respekt vor Skirennfahrern.
Hintermann: Warum?
Huggel: Ich bin mit meiner Frau die Streif in Kitzbühel hinuntergelaufen. Als ich die Mausefalle, den Steilhang und den Hausberg passiert habe, dachte ich mir: Die Jungs, die da mit 130 km/h hinunterfahren, müssen irgendwo einen Ecken ab haben.
Hintermann: Beni hat mir von seinem sommerlichen Streifzug ein Video geschickt. Bei der Mausefalle begann er eine fiktive Fahrt von mir zu kommentieren. Nun weiss ich, dass er nicht nur einen hervorragenden SRF-Fussball-Experten darstellt, er hätte auch das Zeug zum Ski-Kommentator.

Nun haben Sie beide gemeinsam mit dem ZSC-Star Severin Blindenbacher und dem ehemaligen Handballer und HR-Experten Dave Heiniger das Unternehmen Athletes Network gegründet. Welche Strategie steckt dahinter?
Huggel: Die wenigsten Spitzensportler haben nach ihrem Rücktritt genug Geld bis zum Lebensende auf der Seite. In der Mitte des Lebens kommt deshalb bei den meisten Athleten der Punkt, an dem sie einen neuen Job finden müssen. Sogar Sportler, die in ihrer Laufbahn genug Geld verdient hätten, wollen nicht für den Rest ihres Lebens die Beine hochlagern. Das grosse Problem ehemaliger Leistungssportler auf Jobsuche ist aber die fehlende Berufserfahrung. Deshalb haben wir ein Netzwerk mit Firmen aufgebaut, die ehemaligen Leistungssportlern eine Chance geben wollen.

Wie hoch ist Ihre Erfolgsquote in dieser Job-Vermittlung?
Huggel: Zu unserem Glück gibt es in der Wirtschaft immer mehr Unternehmen, die erkannt haben, dass ehemalige Leistungssportler für die Berufswelt besonders gewinnbringende Tugenden mitbringen: Sie sind sehr zielorientiert, ehrgeizig, diszipliniert, robust und empfänglich für Kritik.

Niels, wie viel Zeit können Sie als aktiver Leistungssportler investieren?
Hintermann: Natürlich nicht so viel Zeit wie Beni oder Dave. Ich denke, dass ich bezüglich der Strategie trotzdem ein paar gute Inputs geben kann. Aber für das sogenannte Daily Business mangelt es mir neben der Zeit noch an sehr viel Wissen. Doch ich lerne immer mehr von Beni, Severin und Dave. Ich bin mir bewusst, dass der Tag X, an dem meine Sportler-Karriere vorbei ist, ganz schnell kommen kann. Nun habe ich dank meinem Engagement die Möglichkeit, mir einen Vorsprung für die Karriere nach der Karriere zu erarbeiten.

Wie ist es denn zu dieser aussergewöhnlichen Business-Kombination Huggel-Hintermann gekommen?
Hintermann: Vor Beni habe ich Dave Heiniger am Sechseläuten kennengelernt. Er hat mir von seinem Vorhaben mit Beni erzählt und mich gefragt, ob ich Ambassador von Athletes Network werden möchte. Als mir Dave später Details seines Unternehmensplans erläutert hat, war mir klar, dass ich in dieser Angelegenheit nicht nur Botschafter, sondern auch richtig dabei sein möchte. Kurz darauf habe ich dann erstmals Beni getroffen. Ich habe mich mit ihm auf Anhieb super verstanden.
Huggel: Es gibt in der Biografie von Niels einen Punkt, der mich besonders beeindruckt.

Welcher ist das?
Huggel: Niels hat bereits mit zehn Jahren sein Elternhaus in Richtung Österreich verlassen, was für mich in diesem Alter undenkbar gewesen wäre.
Hintermann: Ich habe mein Elternhaus so früh verlassen, um in Schruns-Tschagguns die Ski-Hauptschule zu besuchen. Das war ein harter Weg. Es ist oft vorgekommen, dass ich vor lauter Heimweh weinend nach Hause telefoniert habe. Ich war der einzige Schweizer unter Österreichern, die mir einige gemeine Streiche gespielt haben. Aber das hat mich sicher abgehärtet.

Beni, Sie waren 28, als Sie vom FCB in die Bundesliga zu Eintracht Frankfurt transferiert wurden. Wie viele dumme Sprüche mussten Sie sich damals anhören?
Huggel: Einige, schliesslich hatte man als Schweizer in der Bundesliga damals noch nicht die gleich gute Reputation, wie das heute der Fall ist. Jedes Mal, wenn Christoph Spycher und ich zur Nati in die Schweiz reisen wollten, haben deutsche Teamkollegen, die nie für ihre Nationalmannschaft aufgeboten wurden, gesagt: «Wenn wir Schweizer wären, wären wir auch Nationalspieler.» Die Deutschen haben damals wirklich geglaubt, dass in der Schweiz jeder, der zwei Mal mit dem Ball jonglieren kann, für die Nati aufgeboten wird. Ich musste in Deutschland lernen, wie man sich richtig durchsetzt.

Viele Skirennfahrer und Fussballer sind bekannt dafür, dass sie sich in der Vorbereitung auf einen Wettkampf auch einmal mit einem Jass ablenken. Wie steht es um eure Jass-Künste?
Hintermann: Ich würde sagen: nicht schlecht. Gelernt habe ich unser Nationalspiel lustigerweise in Slowenien. Ich war dort bei einem Kinderskirennen, das immer wieder verschoben werden musste. Mein Vater hat die Unterbrechungen genutzt, um mir Jassen zu erklären.
Huggel: Ich habe in meinem Leben so viele Stunden mit Jassen verbracht, dass meine Weiterbildung zu kurz gekommen ist. Marco Streller und ich haben uns im Schieber blind verstanden. Der beste Jasser aber, der mir in Fussballkreisen begegnet ist, ist Hakan Yakin. Der hat ein fotografisches Karten-Gedächtnis und kann das Spiel lesen wie kein anderer.

Stellt sich noch eine Frage: Spielt Niels Hintermann so gerne Fussball, wie sein Geschäftspartner Beni Huggel Ski fährt?
Hintermann: Ich bin der unbegabteste Doppel-Linksfüsser unter den Skifahrern. Wenn wir bei einem Zusammenzug Fussball-Tennis spielen, tun mir meine Mitspieler total leid, weil sie zu 90 Prozent wegen mir verlieren.

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