Marco Odermatt (27)
Der derzeit beste Skirennfahrer war zwei Jahre und zwei Monate alt, als er am 8. Dezember 1999, gestützt von seinem Papa Walti, die erste «Abfahrt» auf der Klewenalp in Angriff nahm. «Marco hat seine Ski-Premiere ohne Sturz, aber auch ohne Kurve gemeistert», sagt Walti Odermatt augenzwinkernd. Zwei Jahre später meisterte der kleine «Odi» mithilfe von seinem Götti Paul den ersten Riesenslalom. «Das war auf einer Piste in Lungern-Schönbühl», erinnert sich Paul Odermatt. «Die JO-Fahrer trainierten dort Riesenslalom, und natürlich wollte auch Marco durch die Tore kurven. Weil er meiner Meinung nach noch zu klein für diesen Kurs war, nahm ich ihn zwischen die Beine. Nachdem wir den Lauf mit Vorsicht in Angriff genommen hatten, reklamierte Marco schnell und rief ständig: ‹Schneller Götti, bitte viel schneller!›» Nach seiner Super-G-Gala am Freitag stehen die Chancen sehr gut, dass Titelverteidiger Odermatt auch in der Abfahrt der Schnellste sein wird.
James «Jack» Crawford (27)
Der Sieger der diesjährigen Hahnenkamm-Abfahrt gewann als fünfjähriger Knirps anlässlich des Skiclubrennens in Georgian Peaks (Ontario) seine erste Medaille. «Nach der Siegerehrung kam Jack triumphierend ins Clubhaus, hielt seine Medaille hoch und rief: ‹Ich bin der König der Welt!› An diesem Abend machte ich ihm dann in einem guten Gespräch klar, dass es wichtig ist, Demut zu bewahren», verrät Crawfords Mutter Laurel. In Saalbach-Hinterglemm hatte der Kanadier bis jetzt keinen Grund zum Jubeln. Seine Titelverteidigung im Super-G ist komplett missglückt (Rang 27), und auch in den Abfahrtstrainings hat er nicht richtig überzeugt. Aber Crawford schlägt meistens dann zu, wenn kaum jemand mit ihm rechnet.
Alexis Monney (25)
Alexis’ Papa Louis beginnt zu lachen, wenn er an die sportlichen Anfänge des diesjährigen Bormio-Siegers zurückdenkt: «Alexis war ungefähr vier, als er beim Schülerrennen in Châtel-St-Denis als Vorfahrer starten durfte. Dummerweise gab er sich mit einer Fahrt nicht zufrieden. Während das Rennen in vollem Gange war, fuhr Alexis immer und immer wieder in den Parcours hinein. Um eine Kollision mit einem Rennfahrer zu verhindern, musste der Wettkampf unterbrochen werden.» Für eine kurze Rennunterbrechung sorgte Monney auch am letzten Freitag, nachdem er im Super-G ausgeschieden war. Dennoch versprüht der Freiburger, der auf der Kitzbüheler Streif als Zweiter seinen zweiten Weltcupsieg nur knapp verpasst hat, im Hinblick auf die WM-Abfahrt viel Zuversicht: «Bis zu meinem Ausfall war ich schneller als der spätere Bronze-Gewinner Adrian Smiseth-Sejersted. Damit habe ich die Gewissheit, dass mein Setup auf dieser Piste perfekt passt.»
Vincent Kriechmayr (33)
Der Bauernsohn aus der Region Linz stand mit zweieinhalb Jahren erstmals zuoberst auf dem Stockerl. «Meine Eltern arbeiteten als Skilehrer, deshalb bestritt ich auch so früh das Skischulrennen und gewann auf Anhieb. Trotzdem stand meine Rennfahrer-Karriere in der Jugend mangels Erfolgs auf der Kippe. Mit 18 schaffte ich auf den letzten Drücker dann doch noch den Sprung in den ÖSV-Kader.» Heute ist der Doppel-Weltmeister von 2021 die grösste Abfahrtsgoldhoffnung der Österreicher. Im Super-G verpasste Kriechmayr eine Medaille lediglich um fünf Hundertstel.
Ryan Cochran-Siegle (32)
Der Olympiasilber-Gewinner im Super-G wuchs an der Ostküste der USA in einer äusserst sportlichen Familie auf – Ryans Mama Barbara Ann Cochran wurde 1972 Olympiasiegerin im Slalom. «Es ist deutlich spürbar, dass er von seiner Mutter in der Kindheit eine besondere Prägung erhalten hat. Im Gegensatz zu anderen Skirennfahrern aus Nordamerika habe ich ihn noch nie als ‹Crazy-Man› erlebt, Ryan geht extrem professionell zu Werke», sagt Rainer Salzgeber, Rennchef von Cochran-Siegles Ski-Ausrüster Head. Dass sich der Ami auf der Abfahrtspiste in Hinterglemm besonders wohlfühlt, bewies er mit den Bestzeiten im ersten und zweiten Training.
Franjo von Allmen (23)
Mit zehn Jahren stand der Berner Oberländer erstmals am Start der Lauberhornabfahrt. «Wir haben damals mit der JO-Boltigen trainiert, am Ende dieser Einheit durften sich Franjo und seine Kollegen erstmals aus diesem bemühten Starthaus hinauskatapultieren», erklärt von Allmens Jugendtrainer Toni Lötscher. In diesem Weltcup-Winter feierte FvA in Wengen seinen ersten Weltcupsieg, die WM-Premiere verlief für den Shooting-Star mit dem zwölften Rang aber nicht nach Wunsch. In den Abfahrtstrainings hinterliess von Allmen aber einen bestechenden Eindruck.
Dominik Paris (35)
Der dreifache Triumphator der Hahnenkamm-Abfahrt wollte als Bub so sein wie Österreichs Ski-Heiland Hermann Maier. Und mit 14 Jahren flog Dominik ähnlich spektakulär durch die Luft wie der Herminator 1998 bei der Olympia-Abfahrt in Nagano. Nicht auf den Ski, sondern mit dem Töffli. «Ich bin mit dem Mofa frontal in ein Auto gefahren und habe ein paar Saltos geschlagen. Obwohl ich keinen Helm auf dem Kopf hatte, brach ich mir lediglich den Fuss.» In diesem Winter wurde Paris bislang vom Glück im Stich gelassen – bei der Lauberhornabfahrt verpasste der Südtiroler das Podest um lumpige zwölf Hundertstel. In den Proben zur WM-Abfahrt war der Super-G-Weltmeister aber vor allem im zweiten Streckenabschnitt sehr schnell.
Daniel Hemetsberger
Der Oberösterreicher war bereits als Kind ein richtiger Draufgänger. «Ich bin mit den Ski am liebsten durch den Wald gefahren und mehrmals in einem Baum gelandet. Weil das Tempo damals aber noch nicht so hoch war, kam ich ohne gröbere Verletzungen davon.» Das hat sich bei Hemetsberger im Erwachsenenalter leider geändert – viermal riss er bereits das Kreuzband. Aktuell geht es ihm aber so gut, dass Österreichs Ski-Experte Nummer 1, Hans Knauss, an eine Abfahrts-Medaille von Hemetsberger (33) glaubt: «Daniel steht in diesem Winter noch ohne Podestplatz da. Aber bei der Hahnenkamm-Abfahrt hat er mit dem vierten Rang angedeutet, dass er rechtzeitig zur Heim-WM so richtig in Fahrt kommt. Hemetsberger und seine ÖSV-Kollegen haben hier im Vergleich zur internationalen Konkurrenz einen Vorteil – sie haben in diesem Winter schon mehrmals auf der WM-Abfahrtsstrecke trainiert.»
Florian Schieder
Dass sich der Südtiroler in seiner Jugendzeit nicht schwer verletzte, grenzt an ein Wunder! «Als ich zehn war, forderte mein Trainer bei einem Ski-Test eine möglichst tiefe Hockeposition von mir. Ich hielt meinen Kopf derart weit unten, dass ich in einen Skiliftmast knallte. Das Einzige, was dabei in die Brüche ging, waren die Ski…» Schieder, der im Vorjahr auf der Streif Dritter wurde, könnte auch bei dieser WM positiv überraschen.
Justin Murisier (32)
Der Walliser war kein Kind von Traurigkeit. «Ich gewann bei der Jugend-Olympiade in Polen Slalom-Gold, und nach meiner Heimkehr ins Wallis feierte ich diese Medaille an der Fasnacht bis in die frühen Morgenstunden. Ich wollte dann direkt vom Ausgang an den Start eines Swiss-Cup-Rennens gehen. Dummerweise merkte mein Trainer Steve Locher bei der Übergabe der Startnummer, dass ich stark nach Alkohol roch. Er sperrte mich deshalb für sechs Rennen!» Zu Beginn dieses Winters fuhr das einstige «Enfant Terrible» auf der Abfahrt in Beaver Creek seinen ersten Weltcupsieg ein. Und wer auf der selektiven «Birds of Prey» triumphiert, kann auch Weltmeister werden.