Wenn du nicht alles riskierst, hast du keine Chance! Diesen Satz hört man im Skirennsport immer wieder. Aber stimmt er auch? Für Lara Gut-Behrami (32) trifft er nicht zu. Natürlich geht auch sie oft ans Limit, die Tessinerin überschreitet die dünne Linie zwischen Angriff und Übermut allerdings nie – oder zumindest nicht so, dass sie im Netz landet.
Die letzten beiden Weltcuprennen haben gezeigt, dass Gut-Behrami auch ohne 100-prozentiges Risiko die Beste ist. In Cortina (It) siegte sie im Super-G und meinte danach: «Heute war es wichtig, solid und sicher zu fahren. Es war keine Besichtigungsfahrt, ich war aggressiv. Aber ich fuhr nicht die engsten Radien wie früher.» Zwei Tage danach, bei ihrem Riesen-Triumph am Kronplatz (It), tönte es ähnlich. «Ich fühle mich so gut auf den Ski, dass ich attackieren kann, ohne zu viel zu riskieren.»
Nur ein Sturz in 129 Rennen
Gut-Behrami weiss, wie entscheidend ihre Gesundheit ist. Zweimal verletzte sie sich in ihrer Karriere schwer: 2009 an der Hüfte und 2017 am linken Knie. Sie erfuhr nach den Operationen am eigenen Leib, wie hart die Rückkehr an die Weltspitze sein kann. Darum die Frage: Würde sie zurücktreten, sollte sie sich ein drittes Mal schwer verletzen? Gut-Behrami zögert nicht: «Ja.» Sie ergänzt: «Aber ich will mich nicht verletzen.»
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Die Zahlen zeigen: Gut-Behrami scheidet selten aus, noch seltener aber stürzt sie. Das letzte Mal, dass sie in einem Rennen einen Crash erlitt, war am im Dezember 2021 in St. Moritz. Seither fuhr sie 62 Rennen ohne Unfall. Blättert man weiter zurück, ist ihre Statistik noch eindrücklicher: 129 Rennen, ein Sturz. Mehr nicht.
Wetter als Spielverderber?
Wie Gut-Behrami das schafft? Erstens: Dank ihrer Erfahrung – sie weiss genau, wie viel Angriff es an welcher Stelle einer Piste verträgt. Zweitens: Durch ihre Klasse – kaum eine andere steht so zentral über den Ski. Und drittens: Dank ihrer Intuition – sie hat seit ihrer Kindheit ein enormes Gespür für Karacho, Kurven, den Ski und Schnee.
Ob sie dieses Paket zum Gesamtweltcup führt? In Soldeu (And) könnte sie mit einem Sieg die Führung der verletzten Mikaela Shiffrin (28, USA) übernehmen. Das Wetter sollte mitspielen, auch wenn in der Nacht auf Samstag knapp 10 Zentimeter Neuschnee erwartet werden. Heisst für Gut-Behrami: Alle Ampeln auf Grün!